Rz. 382

§ 2 Abs. 1 und 6 Gewaltschutzgesetz bestimmen, dass in den Fällen, in denen es zu einer Verletzung der Gesundheit oder Freiheit des Opfers entsprechend § 1 Abs. 1 S. 1 GewSchG gekommen ist, sowie in den Fällen einer Drohung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 um unbillige Härten zu vermeiden (z.B. zum Schutz der im Haushalt lebenden Kinder), die verletzte Person vom Täter verlangen kann, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Dies gilt wiederum auch für die Fälle, in denen der Täter unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gehandelt hat. Da § 2 GewSchG nur auf den gemeinsamen Haushalt, nicht aber auf den Familienstand abstellt, gilt § 2 GewSchG in allen Fällen, in denen zwei Personen einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen und es zu einer Gewalttat kommt.

 

Rz. 383

 

Zu beachten ist!

Für Eheleute besteht dieser Anspruch nach § 2 GewSchG neben dem Anspruch aus § 1361b BGB (betreffend die Ehewohnung bei Getrenntleben). § 1361b BGB ist gegenüber § 2 GewSchG bei Getrenntleben von Eheleuten lex specialis und geht § 2 GewSchG vor. Leben die Eheleute zum Zeitpunkt der Gewalttat noch nicht getrennt und besteht auch keine Trennungsabsicht, ist § 2 GewSchG die speziellere Vorschrift.

 

Rz. 384

Sofern das Opfer allein oder mit einer dritten Person Rechte an der Wohnung hat, ist die dauerhafte Überlassung der Wohnung möglich. Eine befristete Wohnungsüberlassung erfolgt, wenn Opfer und Täter gemeinsam oder der Täter allein an der Wohnung berechtigt ist. § 2 Abs. 2 S. 2 GewSchG bestimmt, dass die Wohnung in der alleinigen Rechteinhaberschaft des Täters dem Opfer höchstens sechs Monate zugewiesen werden kann. Diese Frist kann in besonderen Ausnahmefällen, siehe dazu § 2 Abs. 2 S. 3 GewSchG, um weitere sechs Monate verlängert werden. Bei einer gemeinsamen Rechteinhaberschaft ist – wie ausgeführt – ebenfalls nur eine befristete Wohnungsüberlassung möglich, wobei das Gesetz keine Höchstgrenze nennt. Die Wohnungszuweisung hat ggf. zur Folge, dass das Opfer eine Nutzungsentschädigung zu entrichten hat. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 5 GewSchG. Die Vorschriften des GewSchG gehen sehr weit. So hat der Täter während der Wohnungszuweisung alles zu unterlassen, was die Nutzung der Wohnung durch das Opfer einschränken oder verhindern könnte. Das Gericht kann daher dem Täter untersagen, einen bestehenden Mietvertrag zu kündigen, etc.

 

Rz. 385

Eine Wohnungszuweisung kann nur in begründeten Ausnahmenfällen nicht erfolgen, nämlich dann, wenn weitere Verletzungen nicht zu befürchten sind, die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Wohnungsüberlassung schriftlich vom Täter verlangt oder wenn der Wohnungsüberlassung schwerwiegende Belange des Täters gegenüberstehen (schwere Behinderung, Erkrankung, etc.).

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