Rz. 296

Wird der Antrag während des laufenden Verfahrens erweitert, ist strittig, ob die Erweiterung dazu führt, dass sämtliche bis zur Antragserweiterung aufgelaufenen fälligen Beträge in der nun geltend gemachten Höhe erweitert werden können, oder aber nur die bei Antragseinreichung bereits fälligen Beträge und der Jahresbetrag entsprechend der Antragserweiterung erhöht werden.[267]

 

Rz. 297

Wird in einem Antragsverfahren ein Antrag erweitert, so z.B. in Unterhaltsverfahren, gilt auch hier der Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung und nicht der Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung.

Zitat

"Für die Berechnung des Verfahrenswertes in Unterhaltssachen ist der Unterhaltsrückstand zum Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung maßgebend, bei einer Stufenklage also der Unterhaltsrückstand zum Zeitpunkt der Einreichung des Auskunftsantrages und nicht zum Zeitpunkt der Bezifferung des Antrags."[268]

 

Rz. 298

Gemäß § 34 FamGKG ist auch für die Antragserweiterung grundsätzlich der Tag maßgeblich, an dem der jeweilige Antrag eingereicht wird.

 

Beispiel

Geltend gemacht wird laufender Unterhalt ab Januar 2017 in Höhe von EUR 450,00 monatlich, zuzüglich fällige Beträge für 4 Monate in Höhe von ebenfalls EUR 450,00 monatlich. Es ergibt sich folgende Wertberechnung für diesen Unterhaltsantrag:

 
12 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 1 FamGKG 5.400,00 EUR
4 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG 1.800,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 7.200,00 EUR

Nun erfolgt eine Antragserweiterung bezogen auf die weiteren aufgelaufenen fälligen Beträge während der Dauer des Verfahrens im August 2017. Es werden für die Monate Januar bis August 2017 (8 Monate) monatlich jeweils 450,00 EUR fällige Unterhaltsbeträge im Rahmen einer Antragserweiterung geltend gemacht.

Wertberechnung:

 
12 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 1 FamGKG 5.400,00 EUR
4 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG 1.800,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 7.200,00 EUR

+ Antragserweiterung im August 2017

 
8 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG    3.600,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 10.800,00 EUR

Abwandlung

Es erfolgt eine Antragserweiterung hinsichtlich der weiter aufgelaufenen fälligen Beträge sowie eines insgesamt höheren Unterhaltsbetrags, der sich nach vollständiger Auskunftserteilung entsprechend neu berechnet hat. Geltend gemacht wird ein laufender Unterhalt in Höhe von 550,00 EUR monatlich ab September 2017 sowie ein rückständiger Unterhalt in Höhe von 550,00 EUR monatlich für 12 Monate.

Da es sich hier um eine Konkretisierung des ursprünglichen Antrags handelt, sind die weiter geltend gemachten Beträge zum ursprünglichen Antrag wie nachstehend berechnet zu addieren:

 
12 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 1 FamGKG    5.400,00 EUR
4 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG    1.800,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG    7.200,00 EUR
+ 12 x 100,00 EUR (Antragserweiterung höherer Unterhalt)    1.200,00 EUR
+ 4 x 100,00 EUR (Antragserweiterung höherer Unterhalt)        400,00 EUR
+ 8 x 550,00 EUR (Antragserweiterung weitere fällige Beträge)    4.400,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 13.200,00 EUR
 

Rz. 299

Diese Berechnungsmethode entspricht auch der Rechtsprechung. So hat das OLG Köln entschieden:

Zitat

"Wird bei einer Unterhaltsklage nach Antragseinreichung die Klage erhöht, so sind die Beträge, die auf die Zeit zwischen Klageeinreichung und Klageerweiterung fallen, streitwerterhöhende fällige Beträge."[269]

Auch das OLG Brandenburg berechnet nach dieser Methode:[270]

Zitat

"Im Unterhaltsverfahren in Familienstreitsachen stellen Unterhaltsbeträge, um die der Zahlungsantrag nach Verfahrenseinleitung durch spätere Antragserweiterung erhöht wird und die auf die Zeit bis zur Antragserweiterung entfallen, werterhöhende fällige Beträge im Sinne von § 51 Abs. 2 FamGKG dar. Ebenso hat die Erweiterung ab Eingang derselben im Umfang der Differenz zur Ausgangsforderung werterhöhende Wirkung nach § 51 Abs. 1 FamGKG."

 

Rz. 300

Sicherlich kann der Anwalt hier bereits im Rahmen der korrekten Antragstellung eine korrekte Wertfestsetzung durch das Gericht "vorbereiten". Bei der VKH sollte gegebenenfalls rechtzeitig die Erstreckung der Bewilligung und Beiordnung auf die Antragserweiterung beantragt werden. Fraglich ist, ob eine solche Antragserweiterung (und die damit verbundenen Mehrkosten) notwendig sind, wenn es nicht um höhere Unterhaltsbeträge, sondern ausschließlich (oder auch soweit) um weitere aufgelaufene fällige Beträge (Rückstände) geht. Es bleibt in der Praxis abzuwarten, ob Gerichte in einem solchen Antrag eine Mutwilligkeit sehen und damit die VKH für solche Antragserweiterungen ablehnen, bzw. Anwälte bei Selbstzahlern nicht sogar verpflichtet sind, auf die höheren Kosten hinzuweisen.

Nicht korrekt ist es daher, für die Bewertung des Jahresbetrages auf die Anhängigkeit des ursprünglichen Antrags abzustellen.[271]

 

Rz. 301

Das OLG Frankfurt a.M. geht davon aus, dass sich auch der Verfahrenswert für den laufenden Unterhalt unabhängig vom Zeitpunkt der Antragserweiterung bereits dann um den zwölffachen Wert des Erhöhungsb...

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