Rz. 15

Geschiedene Ehegatten müssen die mögliche Fortgeltung eines früheren Ehegattentestaments trotz Scheidung beachten.[19] In einem Scheidungsverfahren aus dem Jahre 2004 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Wechselbezüglichkeit von letztwilligen Verfügungen und damit deren Bindungswirkung bei Auflösung der Ehe ausnahmsweise dann nicht wegfällt, wenn ein entsprechender Fortgeltungswille der Eheleute i.S.d. § 2268 Abs. 2 BGB bei Testamentserrichtung festgestellt werden kann.[20] Folglich können wechselbezügliche Verfügungen, die nach § 2268 Abs. 2 BGB fortgelten, nur nach den Vorschriften für den Rücktritt beim Erbvertrag widerrufen werden.

 

Praxishinweis

Um dies zu verhindern, ist in die gemeinsame letztwillige Verfügung ein ausdrücklicher Hinweis aufzunehmen, wonach die komplette Verfügung von Todes wegen unwirksam sein soll und § 2268 Abs. 2 BGB nicht zur Anwendung kommen soll, für den Fall, dass ein begründeter Scheidungsantrag rechtshängig ist.

 

Rz. 16

Geschiedenen Ehegatten ist regelmäßig nicht bewusst, dass ein früheres Ehegattentestament bei Vorliegen eines Fortgeltungswillens nicht mehr durch ein privatschriftliches Testament zugunsten der "neuen" Familie widerrufen werden kann. Das Recht zum Widerruf nach § 2271 BGB erlischt mit dem Tod des anderen (Ex-)Ehegatten. Zur Wiederherstellung der Testierfreiheit kommt eine Testamentsanfechtung gem. § 2079 BGB (z.B. im Falle einer Wiederheirat oder der Geburt eines Kindes) in Betracht, wobei die Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 2082 BGB) zu beachten ist.

[19] Grüneberg/Weidlich, § 2268 Rn 2.
[20] BGH NJW 2004, 3113; BeckOK BGB/Litzenburger, § 2268 Rn 8 (m.w.N.).

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