Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 100
Will der Erblasser die Teilhabe des Ex-Ehegatten oder sonstiger unerwünschter Personen an seinem Nachlass auch über die Vererblichkeit bzw. Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts vermeiden, so muss er geeignete Maßnahmen ergreifen.
a) Verhinderung der Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts
aa) Durch Ausschluss der Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts
Rz. 101
Wie bereits dargestellt, ist das Nacherbenanwartschaftsrecht nach § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB nicht vererblich, sofern ein anderer Wille des Erblassers dem entgegensteht (siehe Rdn 94). Der Übergang des Nacherbenanwartschaftsrechts im Wege der Erbfolge kann durch den Erblasser verhindert werden, indem er die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts ausschließt. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass die Nacherbschaft mit dem Tode des Nacherben entfällt und der Vorerbe unbeschränkter Vollerbe wird. Der mit der Nacherbenlösung verfolgte Zweck, nämlich eine bestimmte Personengruppe langfristig von einer Partizipation am Nachlass des Erblassers auszuschließen, könnte dann nicht mehr erreicht werden. Es besteht die Gefahr, dass der frühere Ehegatte über den zum Vollerben erstarkten Vorerben am Vermögen des Erblassers teilhat. Dem kann durch die Einsetzung eines Ersatznacherben entgegengewirkt werden.
Praxishinweis
Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollte deshalb bei der Gestaltung der letztwilligen Verfügung ausdrücklich die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft ausgeschlossen werden.
bb) Durch Anordnung einer Ersatznacherbfolge
Rz. 102
Ein Ausschluss der Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft kann sich aus einer ausdrücklichen oder vermuteten Ersatzerbenberufung gem. §§ 2069, 2096 BGB ergeben. Wie dargestellt (siehe Rdn 94 ff.) ist im Rahmen dieses Problemkreises allerdings noch vieles ungeklärt.
Praxistipp
Es empfiehlt sich daher in der letztwilligen Verfügung die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts ausdrücklich auszuschließen, wenn explizit ein Ersatznacherbe eingesetzt wird. Hierdurch können Rechtsstreitigkeiten von vorneherein vermieden werden.
Formulierungsbeispiel 1
Die Nacherbenanwartschaft ist weder vererblich noch veräußerlich, ausgenommen die Veräußerung an den Vorerben. In diesem Fall entfällt auch jede ausdrückliche oder stillschweigende Ersatznacherbeneinsetzung.
Formulierungsbeispiel 2
Ich bestimme zu meiner alleinigen Vorerbin meine Tochter A. Entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- und Auslegungsregel wird ein Ersatzvorerbe nicht benannt. Es soll vielmehr § 2102 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommen, mit der Konsequenz, dass der Nacherbe Ersatzerbe des Vorerben und somit Vollerbe wird. Zu Nacherben bestimme ich meine Enkelkinder B, C und D zu gleichen Teilen. Fällt einer der Erben vor oder nach dem Erbfall weg, so bestimme ich entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- und Auslegungsregel seine Abkömmlinge zu Ersatznacherben, wiederum ersatzweise soll, zunächst innerhalb eines Stammes, Anwachsung eintreten.
Der Nacherbfall tritt mit dem Tod des Vorerben ein.
Die Nacherbenanwartschaft ist entgegen § 2108 Abs. 2 BGB ausdrücklich nicht vererblich, es gilt die oben angeordnete Ersatznacherbfolge bzw. Anwachsung.
Bei diesem Formulierungsvorschlag ist freilich zu beachten, dass der Nacherbe als Ersatzvorerbe Vollerbe wird und sodann den Nachlass des Erblassers an den früheren Ehegatten des Erblassers übertragen oder vererben kann. Will der Erblasser aber sichergehen, dass die von ihm bestimmten Nacherben auch nur Nacherben bleiben und nicht aufgrund der Vermutungsregel des § 2102 BGB zu Vollerben werden, so sollte er im Testament ausdrücklich einen Ersatzvorerben benennen. Andernfalls kann er zur Klarstellung, wie im oben stehenden Formulierungsbeispiel, bestimmen, dass es bei der Auslegungsregel des § 2102 BGB verbleiben soll.
cc) Durch Anordnung weiterer Nacherbfolgen
Rz. 103
Ordnet der Erblasser weitere Nacherbfolgen an, ist die Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts des primären Nacherben ausgeschlossen, da der Erblasser in aller Regel den zweiten Nacherbfall mit dem Tod des ersten Nacherben eintreten lassen will. Grundsätzlich kann der weitere Nacherbfall auch vor dem Tod des primären Nacherben eintreten. Dies bedeutet, dass der vorrangige Nacherbe die Erbschaft bereits zu Lebzeiten verliert. Dem ersten Nacherben soll die Erbschaft nur während seiner Lebenszeit zur Verfügung stehen. Der Nachlass soll auf den zweiten Nacherben übergehen, wenn der erste Nacherbe verstirbt. Somit handelt es sich um ein auflösend befristetes Recht des Nacherben, das mit seinem Tod endet (§§ 163, 158 Abs. 2 BGB).
Die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts besteht nur dann nicht, wenn der Erblasser die Vererblichkeit auf andere Weise ausschließt. Es gilt § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB.
b) Verhinderung der Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts
aa) Durch Ausschluss der Übertragbarkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts
Rz. 104
Nach der herrschenden Meinung ist ein Ausschluss der Übertragbarkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts zulässig (siehe auch Rdn 101). Nur wenn der Erblasser die Übertragbarkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts ausschließen kann, kann er auch verhindern, dass ein Dritter an die Stelle ...