Rz. 114

Beim Einzelunternehmen bestehen die Nutzungen im Netto-Reingewinn.[157] Dieser kann sich nur aus der jeweiligen Jahresbilanz ergeben. Entscheidend ist dabei die nach kaufmännischen Grundsätzen erstellte Bilanz.[158]

Bei Personengesellschaften steht dem Vorerben zum einen das Recht auf Entnahme des 4 %-Kapitalanteils pro Jahr nach § 122 HGB zu, zum anderen die durch Ertragslage und Gesellschafterbeschlüsse gewährten jährlichen Gewinnausschüttungen. Probleme bereitet hier die Rücklagenbildung von Gewinnen. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass nur die kaufmännisch gebotenen Rücklagen Erhaltungskosten nach § 2124 Abs. 1 BGB sind und somit den Vorerben treffen. Dem Vorerben gebühren im Verhältnis zu den Nacherben zwar die Nutzungen der zur Erbschaft gehörenden Rechte allein, also die auf den Gesellschaftsanteil des Vorerben entfallenden entnahmefähigen Gewinne, die während des Bestandes der Gesellschaft ausgeschüttet werden. Die gebundenen stillen Reserven und die Rücklagen aus der Zeit vor dem Erbfall sind dagegen der Substanz des Gesellschaftsanteils zuzurechnen, auf die sich die Nacherbschaft erstreckt.[159] Der Vorerbe ist folglich so zu behandeln, dass er bei entsprechenden Gesellschafterbeschlüssen keine Nutzungen ziehen kann und folglich leer ausgeht.[160]

 

Rz. 115

Bei Kapitalgesellschaften stehen Ausschüttungen auf aus vorangegangenen Jahren vorgetragenen Gewinnen, die in der Zeit der Vorerbschaft erwirtschaftet wurden, auch nach dem Nacherbfall dem Vorerben zu. Bei Auflösung von Rücklagen und Ausschüttungen an die Gesellschafter muss berücksichtigt werden, in welcher Zeit die entsprechende Rücklage gebildet wurde. Wurde die Rücklage noch zu Lebzeiten des Erblassers gebildet, fällt deren Ausschüttung als Nachlasssubstanz in den Nachlass des Erblassers und steht mit dem Nacherbfall dem Nacherben zu.[161]

[157] MüKo/Lieder, § 2111 Rn 47.
[158] MüKo/Lieder, § 2111 Rn 47.
[159] MüKo/Lieder, § 2111 Rn 48 (m.w.N.).
[160] BGH NJW 1981, 1560, 1561.
[161] Damrau/Tanck/Bothe, § 2111 Rn 14, 15; MüKo/Lieder, § 2111 Rn 48.

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