Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 87
Beim Geschiedenentestament wird sich der Erblasser vor Augen halten müssen, dass der frühere Ehegatte möglicherweise über den Nacherben an seinem Nachlass teilhaben kann. Für den Fall, dass der Erblasser keine weiteren Anordnungen getroffen hat, wird der Nacherbe unbeschränkter Vollerbe. Das Vermögen des Erblassers fällt mit Ableben des Nacherben in dessen Nachlass und bildet kein Sondervermögen mehr. Der Nacherbe kann dieses Vermögen also frei weiter vererben bzw. es können hieran Pflichtteilsansprüche entstehen. Um zu verhindern, dass der unerwünschte Personenkreis möglicherweise über den Nacherben am Vermögen des Erblassers partizipiert, kann er eine weitere Nacherbfolge anordnen. Dies hat zur Konsequenz, dass der primär eingesetzte Nacherbe mit Eintritt des Nacherbfalls nur Vorerbe wird. Im Rahmen der zeitlichen Schranke des § 2109 BGB kann der Erblasser beliebig viele Nacherbfolgen anordnen. Nach Ablauf der 30-Jahresfrist wird die Nacherbenberufung unwirksam und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Vorerbenrecht erstarkt zur unbeschränkten Vollerbschaft. Sind mehrere Nacherben hintereinander geschaltet, kommt die Unwirksamkeit der Nacherbenbindung demjenigen zu Gute, der bei Fristablauf Vorerbe ist.
Rz. 88
Der zunächst als Nacherbe Berufene erhält mit dem Eintritt des ersten Nacherbfalles die Stellung eines Vorerben gegenüber den weiter berufenen Nacherben usw.
Der Nachlass des Erblassers bildete dann auch in der Hand des vorrangigen Nacherben ein Sondervermögen, das nicht in dessen Nachlass fällt. In aller Regel wird der Erblasser den zweiten Nacherbfall mit dem Tod des ersten Nacherben eintreten lassen. Erneut wird verhindert, dass der frühere Ehegatte und dessen Verwandten weder im Wege der Erbfolge noch über das Pflichtteilsrecht am Nachlass des Erblassers partizipieren können.
Rz. 89
Nach §§ 2108, 1923 BGB muss der Nacherbe zur Zeit des Eintritts der Nacherbfolge leben oder wenigstens gezeugt sein. Die weiteren Nacherben müssen dies nur bei Eintritt ihres Nacherbfalls. Wird eine zum Zeitpunkt des Nacherbfalls noch nicht erzeugte Person zum Nacherben berufen, so ist sie gem. § 2101 Abs. 1 BGB als zweiter Nacherbe anzusehen, dem die Erbschaft nach § 2106 Abs. 2 BGB mit der Geburt anfällt. Sollte der Nach-Nacherbe noch nicht geboren sein, sind diejenigen zu Nacherben berufen, welche die gesetzlichen Erben des Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des Nacherbfalls gestorben wäre (§§ 2105 Abs. 2 Alt. 2, 2104 S. 1 BGB). Will der Erblasser dies verhindern, sollte er ausdrücklich einen Ersatznacherben bestimmen, der aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei Eintritt des Nacherbfalls lebt.
Rz. 90
Die weiteren Nacherben haben bereits vor ihrem Aufrücken die vollumfängliche Stellung eines Nacherben, und sind als solche im Grundbuch einzutragen (§ 51 GBO) bzw. im Erbschein aufzuführen (§ 2363 BGB). Im Gegensatz zum Ersatznacherben ist die Zustimmung des weiteren Nacherben einzuholen, soweit zu Verfügungen des Vorerben die Zustimmung des Nacherben notwendig ist. Damit stellt die Anordnung einer weiteren Nacherbfolge für den Vorerben eine weitere Beschränkung dar. Falls die primären Nacherben gegenüber den weiter berufenen Nacherben von den Beschränkungen des § 2136 BGB befreit sein sollen, muss dies der Erblasser ausdrücklich anordnen.
Wie bereits ausgeführt, will der geschiedene Erblasser aber typischerweise Beschränkungen des Vorerben soweit möglich vermeiden. Deshalb sollte eine solche Anordnung wohl überlegt sein. Sie kann dann veranlasst sein, wenn ein gemeinschaftliches Kind aus der geschiedenen Ehe Nacherbe wird.