Rz. 102

Ein Ausschluss der Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft kann sich aus einer ausdrücklichen oder vermuteten Ersatzerbenberufung gem. §§ 2069, 2096 BGB ergeben. Wie dargestellt (siehe Rdn 94 ff.) ist im Rahmen dieses Problemkreises allerdings noch vieles ungeklärt.

 

Praxistipp

Es empfiehlt sich daher in der letztwilligen Verfügung die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts ausdrücklich auszuschließen, wenn explizit ein Ersatznacherbe eingesetzt wird. Hierdurch können Rechtsstreitigkeiten von vorneherein vermieden werden.

 

Formulierungsbeispiel 1

Die Nacherbenanwartschaft ist weder vererblich noch veräußerlich, ausgenommen die Veräußerung an den Vorerben. In diesem Fall entfällt auch jede ausdrückliche oder stillschweigende Ersatznacherbeneinsetzung.[138]

 

Formulierungsbeispiel 2

Ich bestimme zu meiner alleinigen Vorerbin meine Tochter A. Entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- und Auslegungsregel wird ein Ersatzvorerbe nicht benannt. Es soll vielmehr § 2102 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommen, mit der Konsequenz, dass der Nacherbe Ersatzerbe des Vorerben und somit Vollerbe wird. Zu Nacherben bestimme ich meine Enkelkinder B, C und D zu gleichen Teilen. Fällt einer der Erben vor oder nach dem Erbfall weg, so bestimme ich entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- und Auslegungsregel seine Abkömmlinge zu Ersatznacherben, wiederum ersatzweise soll, zunächst innerhalb eines Stammes, Anwachsung eintreten.

Der Nacherbfall tritt mit dem Tod des Vorerben ein.

Die Nacherbenanwartschaft ist entgegen § 2108 Abs. 2 BGB ausdrücklich nicht vererblich, es gilt die oben angeordnete Ersatznacherbfolge bzw. Anwachsung.

Bei diesem Formulierungsvorschlag ist freilich zu beachten, dass der Nacherbe als Ersatzvorerbe Vollerbe wird und sodann den Nachlass des Erblassers an den früheren Ehegatten des Erblassers übertragen oder vererben kann. Will der Erblasser aber sichergehen, dass die von ihm bestimmten Nacherben auch nur Nacherben bleiben und nicht aufgrund der Vermutungsregel des § 2102 BGB zu Vollerben werden, so sollte er im Testament ausdrücklich einen Ersatzvorerben benennen. Andernfalls kann er zur Klarstellung, wie im oben stehenden Formulierungsbeispiel, bestimmen, dass es bei der Auslegungsregel des § 2102 BGB verbleiben soll.

[138] Nach Nieder/Kössinger, HB Testamentsgestaltung, § 10 Rn 81.

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