Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 118
Nach § 2222 BGB kann ein Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernannt werden, dass dieser bis zu dem Eintritt einer angeordneten Nacherbfolge die Rechte des Nacherben ausübt und dessen Pflichten erfüllt. Grundsätzlich dient § 2222 BGB dem Schutz des Nacherben. Die Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung ist in all den Fällen sinnvoll und geboten, in denen eine effektive Wahrnehmung der Nacherbenrechte zwischen Vor- und Nacherbfall durch den Nacherben selbst nicht möglich oder zumindest mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Sie wird daher besonders dann zweckmäßig sein, wenn der Nacherbe unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft des Vorerben steht. Damit ist diese Gestaltungsvariante insbesondere auch im Rahmen von Geschiedenentestamenten interessant und überlegenswert. Auch dann, wenn der Nacherbe noch nicht gezeugt ist oder seine Persönlichkeit erst durch ein bestimmtes späteres Ereignis bestimmt wird, kann eine Nacherbenvollstreckung angebracht sein. Die Nacherbentestamentsvollstreckung beschränkt nicht den Vorerben, sondern nimmt nur die Rechte des Nacherben während der Vorerbschaft wahr. Hieraus ergibt sich, dass der Nacherbentestamentsvollstrecker nicht mit den Befugnissen des allgemeinen Testamentsvollstreckers nach den §§ 2203 ff. BGB ausgestattet ist. Insbesondere hat er kein eigenes Verwaltungs- und Verfügungsrecht. Seine Aufgaben und Pflichten ergeben sich viel mehr aus den Rechten und Pflichten des Nacherben gegenüber dem Vorerben.
Allerdings kann die Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung gerade in einem Geschiedenentestament auch zur Stärkung der Position des Vorerben geeignet sein.
Sind mehrere Nacherben eingesetzt und ein Nacherbentestamentsvollstrecker benannt, so muss sich der Vorerbe nur mit diesem auseinandersetzen. Will der Vorerbe beispielsweise über einen Nachlassgegenstand verfügen, so muss er nicht eine Vielzahl von Zustimmungserklärungen einholen, sondern bedarf lediglich der einen Zustimmung des Testamentsvollstreckers.
Es ist ratsam, die Nacherbentestamentsvollstreckung auch auf weitere Nacherbfolgen zu beziehen, damit der Testamentsvollstrecker auch die Rechte und Pflichten der weiteren Nacherben wahrnehmen kann.
Rz. 119
Zudem ist der Testamentsvollstrecker auch auf keine gerichtliche Genehmigung angewiesen. Gerade auch bei minderjährigen Nacherben ist eine familiengerichtliche Genehmigung nicht erforderlich, da der Testamentsvollstrecker aus eigenem Recht handelt.
Praxishinweis
Eine Nacherbentestamentsvollstreckung sollte immer dann angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, dass die Nacherben während der Dauer der Vorerbschaft entweder noch unbekannt, minderjährig oder noch gar nicht geboren sind. Dadurch wird vermieden, dass für die unbekannten Nacherben ein Pfleger bestellt werden muss und für die minderjährigen Nacherben familiengerichtliche Genehmigungen einzuholen sind.
Sind Minderjährige zum Nacherben berufen, so sollte nicht nur ein Nacherbentestamentsvollstrecker, sondern darüber hinaus auch für den Eintritt des Nacherbfalls eine Testamentsvollstreckung für die Nacherbschaft angeordnet werden, bis die Nacherben ein bestimmtes Lebensalter erreicht haben.
Eine Kombination aus Nacherbentestamentsvollstreckung und einer Testamentsvollstreckung für die Nacherbschaft könnte wie folgt aussehen.
Formulierungsbeispiel
Ich ordne Testamentsvollstreckung für die Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalls an. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, die Rechte der Nacherben auszuüben und deren Pflichten zu erfüllen.
Sollte bei Eintritt des Nacherbfalls der jüngste Nacherbe das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, so erweitern sich die Aufgaben des Testamentsvollstreckers dahin, dass er nach Eintritt des Nacherbfalls den Nachlass in Besitz zu nehmen und zu verwalten hat, bis der jüngste Nacherbe das 25. Lebensjahr vollendet hat. Es handelt sich insoweit um eine Verwaltungsvollstreckung nach § 2209 BGB.
Zum Testamentsvollstrecker in den oben genannten Fällen bestimme ich Herrn Y. Sollte Herr Y das Amt nicht annehmen oder niederlegen, soll das Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker mit Geschäftssitz in Weilheim einen geeigneten Ersatztestamentsvollstrecker ernennen.
Rz. 120
Wichtig ist bei einem Geschiedenentestament auch, dass der Nacherbentestamentsvollstrecker gerade nicht über das Anwartschaftsrecht des Nacherben verfügen kann. Der Nacherbentestamentsvollstrecker kann weder das Anwartschaftsrecht des Nacherben auf den Vorerben noch auf Dritte übertragen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Nacherbenanwartschaft selbst keinen Nachlassgegenstand im Sinne des § 2205 BGB darstellt, über die der Testamentsvollstrecker die Verfügungsbefugnis haben könnte. Allerdings bleibt die Nacherbenanwartschaft trotz angeordneter Nacherbentestamentsvollstreckung pfändbar und für die Nacherben selbst verpfändbar.
Rz. 121
Der Nacherbentestamentsvollstrecker kann unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben nicht zur Wir...