Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 136
Aufgrund der obigen Ausführungen kann konstatiert werden, dass eine Beteiligung des unerwünschten Personenkreises mit Hilfe der Vor- und Nacherbschaft wirksam verhindert werden kann. Zudem kann sichergestellt werden, dass der erstbedachte Vorerbe weitestgehende Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf das Vermögen des Erblassers erhält.
Allerdings sollte man sich immer vor Augen halten, dass das Funktionieren der Nacherbenlösung letztendlich vom Wohlwollen und Mitwirken des Vorerben abhängt. Wie dargestellt wird der Erblasser in aller Regel seine Abkömmlinge als Vorerben einsetzen. Diese sind aber nach § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt. Infolgedessen können Sie von der taktischen Ausschlagungsmöglichkeit des § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB Gebrauch machen und den Pflichtteil verlangen. Das auf den Pflichtteil gezahlte Vermögen kann dann ohne weiteres auf den geschiedenen Ehegatten übergehen. Folglich sollte der Erblasser dem Vorerben genügend Anreize schaffen, damit dieser die Erbschaft annimmt. Dies kann durch eine möglichst umfangreiche Erbschaft (im Verhältnis zum Pflichtteil) ebenso erreicht werden wie durch eine weitestgehend befreite Rechtsstellung des Vorerben. Außerdem wäre darüber nachzudenken, entsprechende Verwirkungsklauseln zu Lasten von Personen auszusetzen, die dem Vorerben nahestehen. Schlägt der Vorerbe die Erbschaft aus, wäre diese auch für die nahe stehenden Personen verloren oder zumindest beeinträchtigt.
Vielfach wird die Auffassung vertreten, dass die Nacherbenlösung grundsätzlich zu komplex und nicht praktikabel sei. So vertritt Wagner die Meinung, dass die Anordnung einer Nacherbschaft dem Gedanken der Streitvermeidung widerspreche. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Gerade bei einem unerfahrenen Vorerben kann jedoch mittels einer Testamentsvollstreckung eine reibungslose Abwicklung und eine scharfe Trennung der Vermögensmassen sichergestellt werden. Des Weiteren muss natürlich berücksichtigt werden, dass die Situation bei einem Geschiedenentestament nicht mit der typischen Interessenlage bei einer herkömmlichen Vor- und Nacherbschaft identisch ist. Regelmäßig entspricht es nämlich nicht dem Willen des Erblassers, die Rechtsstellung des Vorerben maximal zu beschränken, um den Nachlass zugunsten des Nacherben zu sichern.
Abschließend muss man sich freilich darüber im Klaren sein, dass es sich bei einem Geschiedenentestament nicht um ein Testament "von der Stange" handelt. Es wird einer besonderen Situation mit besonderen Mitteln Rechnung getragen, um ein aus Sicht des Erblassers besonders günstiges Ergebnis zu erreichen. Im Gegenzug sind daher gewisse Schwierigkeiten durchaus hinzunehmen.