Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 171
Zur Berechnung der Höhe der fiktiven Pflichtteilsquote ist gem. § 1586b Abs. 2 BGB der nicht erhöhte Ehegattenerbteil aus § 1931 Abs. 1 BGB heranzuziehen.
Beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleibt die pauschale Erhöhung des Erbteils gem. § 1371 Abs. 1 BGB zur Abgeltung des Zugewinns unberücksichtigt. Dies erscheint auch logisch, da im Zuge der Ehescheidung der Zugewinn in der Regel tatsächlich ausgeglichen oder darauf verzichtet wurde.
Für den Fall, dass die Ehegatten vor der Scheidung im Güterstand der Gütertrennung lebten, kommt die Vorschrift des § 1371 Abs. 4 BGB ebenso nicht zur Anwendung.
Neu hinzukommende pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge mindern die Pflichtteilsquote des Ex-Ehegatten. Dies wird damit begründet, dass auch der unterstellte Fortbestand der Ehe die Entstehung nicht verhindert hätte.
Rz. 172
Durch eine Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ex-Ehegatten werden die Ansprüche des geschiedenen Ex-Ehegatten allerdings nicht reduziert.
Die Wiederverheiratung des unterhaltsberechtigten Ex-Ehegatten führt aber zum gänzlichen Wegfall seines Anspruchs nach § 1586 Abs. 1 BGB, sofern nicht etwas anderes vereinbart wurde. Lebt der Unterhaltsberechtigte seit vielen Jahren mit einem neuen Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, können sich die Erben auf die Beschränkung oder den kompletten Wegfall der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung wegen grober Unbilligkeit berufen (§ 1579 Nr. 2 BGB).
Nach bislang herrschender Meinung gehen die Unterhaltsansprüche bei Vorliegen eines Erbverzichts unter.
Zur Frage, wie sich ein während der Ehezeit abgegebener Pflichtteilsverzicht des Unterhaltsberechtigten auf die Unterhaltsansprüche auswirkt, fehlt noch eine höchstrichterliche Rechtsprechung. In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Standpunkte vertreten. Die Haftung der Erben nach § 1586b BGB dürfte allerdings dadurch nicht entfallen, da unterhaltsrechtliche Konsequenzen von den Ehegatten bei Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrages in aller Regel nicht ins Kalkül gezogen werden.
Um die unklare Rechtslage zu beseitigen, sollte in eine Scheidungsvereinbarung immer eine ausdrückliche Regelung zu § 1586b BGB aufgenommen werden, wenn die Unterhaltsansprüche mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen enden sollen.
Formulierungsbeispiel
Mit dem Tod des zuerst versterbenden Unterhaltsverpflichteten sollen sämtliche Unterhaltsansprüche erlöschen, wobei die Anwendbarkeit des § 1586b BGB sowie des § 1933 S. 3 BGB ausdrücklich ausgeschlossen wird.
oder:
Dieser Pflichtteilsverzicht hat allein erbrechtliche Wirkung. Unterhaltsansprüche des überlebenden Ehegatten gegen die Erben nach §§ 1586b, 1933 S. 3 BGB werden hierdurch nicht ausgeschlossen. Der Überlebende ist vielmehr für diesen Fall so zu stellen, als ob der Pflichtteilsverzicht hinsichtlich dieser Rechtsfolge nicht erklärt worden wäre.
Rz. 173
In einer Entscheidung aus dem Jahre 2000 hat der BGH klargestellt, dass in die Berechnung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB die fiktiven Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Erben einzubeziehen sind. Dadurch wird aber nur vermeintlich die Gefahr der Umgehung des Schutzzwecks des § 1586b BGB für den Unterhaltsberechtigten verhindert.
Nach herrschender Meinung steht dem unterhaltsberechtigten einstigen Ehegatten nämlich kein Durchgriff auf den Beschenkten in analoger Anwendung des § 2329 BGB zu, da sein Anspruch aus § 1586b BGB nur als schuldrechtliche Nachlassverbindlichkeit zu qualifizieren ist. § 2329 BGB stellt aber einen Hilfsanspruch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch dar, der außerhalb des Nachlasses geltend zu machen ist. Verschenkt der Ex-Ehegatte sein komplettes Vermögen beispielsweise an seinen neuen Ehegatten, so steht dem Ex-Ehegatten gegen den neuen Ehegatten kein Anspruch aus § 1586b BGB zu.
Rz. 174
Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist in diesem Zusammenhang die Frage, inwiefern Zuwendungen des Ex-Ehegatten an seinen neuen Ehegatten unberücksichtigt bleiben müssen, soweit diese unterhaltssichernd und damit pflichtteilsergänzungsfest sind. An dieser Stelle drängt sich ein Widerspruch zu § 1582 BGB insoweit auf, als die Unterhaltsansprüche des ersten Ehegatten denen des zweiten Ehegatten im Rang vorgehen. Dieses Rangprivileg würde unterminiert, wenn das Pflichtteilsergänzungsrecht auf § 1586b BGB anwendbar wäre.
Zudem gilt es zu bedenken, dass laut Rechtsprechung des BGH sich die Erben auch dann auf die Unzulänglichkeit des Nachlasses gem. § 1990 BGB berufen können, wenn der Erbe selbst Empfänger der Schenkung des Erblassers gewesen ist.