a) Die neue Textfassung
Rz. 315
Vorbem. 3: |
(1) 1Gebühren nach diesem Teil erhält der Rechtsanwalt, dem ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter, als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen oder für eine sonstige Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren erteilt worden ist. 2Der Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen erhält die gleichen Gebühren wie ein Verfahrensbevollmächtigter. |
(2) Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. |
(3) 1Die Terminsgebühr entsteht sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. 2Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung. 3Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für |
1.die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und |
2.die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber. |
(4) 1Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. 2Bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungsbetrag höchstens 207,00 EUR. 3Sind mehrere Gebühren entstanden, ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend. 4Bei einer Betragsrahmengebühr ist nicht zu berücksichtigen, dass der Umfang der Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren infolge der vorangegangenen Tätigkeit geringer ist. 4Bei einer wertabhängigen Gebühr erfolgt die Anrechnung nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. |
(5) Soweit der Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens auch Gegenstand eines Rechtsstreits ist oder wird, wird die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Rechtszugs angerechnet. |
(6) Soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, das mit der Sache bereits befasst war, ist die vor diesem Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen. |
(7) Die Verfahrensgebühr für einen Urkunden- oder Wechselprozess wird auf die Verfahrensgebühr für das ordentliche Verfahren angerechnet, wenn dieses nach Abstandnahme vom Urkunden- oder Wechselprozess oder nach einem Vorbehaltsurteil anhängig bleibt (§§ 596 und 600 ZPO). |
(8) Die Vorschriften dieses Teils sind nicht anzuwenden, soweit Teil 6 besondere Vorschriften enthält. |
b) Inhaltliche Änderungen
aa) Anhebung der Anrechnungsgrenze
Rz. 316
Auch hier ist aufgrund der Anhebung des Gebührenrahmens der Nr. 2302 VV RVG (s. Rdn 203 ff.) die Anrechnungsgrenze der Geschäftsgebühr eines Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens auf 207,00 EUR heraufgesetzt worden (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG). Die Anrechnungsgrenze.
bb) Versetzung des Doppelverwertungsverbots
Rz. 317
Ebenso wie in Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG ist auch hier ist das Doppelverwertungsverbot für Rahmengebühren bei Vorbefassung (bisher Vorbem. 3 Abs. 4 S. 4 VV RVG) gestrichen worden, da das Doppelverwertungsverbot nunmehr allgemein in § 14 Abs. 2 RVG aufgenommen worden ist (s. Rdn 14 ff.). Inhaltlich ist damit keine Änderung verbunden. Durch die Streichung des bisherigen Satzes 4 ist lediglich der bisherige Satz 5 nunmehr zu Satz 4 geworden.
cc) Anrechnung im Urkunden- und Wechselprozess
Rz. 318
Mit dem KostRÄG 2021 ist die bisher für den Urkunden- Scheck- und Wechselprozess vorgesehen Anrechnungsregelung von Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV RVG in die Vorbem. 3 VV RVG als neuer Abs. 7 versetzt worden. Grund hierfür ist, dass nach der Rechtsprechung des BGH auch im Berufungsverfahren vom Urkundenprozess Abstand genommen werden kann. Daher stellt sich die Anrechnungsfrage nicht nur im Rahmen der Nr. 3100 VV RVG, sondern auch im Rahmen der Nr. 3200 VV RVG. Das wiederum bedingte es, die Anrechnungsregelung "vor die Klammer" zu ziehen und in Vorbem. 3 VV RVG als neuen Abs. 7 zu verankern. Inhaltlich ergeben sich dadurch allerdings keine Änderungen, sieht man davon ab, dass jetzt die Anrechnung auch für ein Berufungsverfahren klargestellt worden ist.
Rz. 319
Beispiel:
Das LG hat den Beklagten im Urkundenprozess antragsgemäß zur Zahlung i.H.v. 10.000,00 EUR verurteilt. Dagegen legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin vor dem OLG nimmt der Kläger Abstand vom Urkundenprozess. Sodann wird mit Einverständnis des Beklagten im ordentlichen Verfahren weiterverhandelt.
Ebenso wie in erster Instanz ist die Verfahrensgebühr des Urkundenprozesses auf die Verfahrensgebühr des ordentlichen Verfahrens anzurechnen. Die weiteren Gebühren bleiben anrechnungsfrei. Daher fällt die Terminsgebühr doppelt an. Dass sie im selben Termin entstanden ist, ist unerheblich.
I. Urkundenprozess (Wert: 10.000,00 EUR)
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG |
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982,40 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG |
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736,80 EUR |
3. |
Postentgelt... |