aa) Anhebung der Anrechnungsgrenze
Rz. 316
Auch hier ist aufgrund der Anhebung des Gebührenrahmens der Nr. 2302 VV RVG (s. Rdn 203 ff.) die Anrechnungsgrenze der Geschäftsgebühr eines Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens auf 207,00 EUR heraufgesetzt worden (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG). Die Anrechnungsgrenze.
bb) Versetzung des Doppelverwertungsverbots
Rz. 317
Ebenso wie in Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG ist auch hier ist das Doppelverwertungsverbot für Rahmengebühren bei Vorbefassung (bisher Vorbem. 3 Abs. 4 S. 4 VV RVG) gestrichen worden, da das Doppelverwertungsverbot nunmehr allgemein in § 14 Abs. 2 RVG aufgenommen worden ist (s. Rdn 14 ff.). Inhaltlich ist damit keine Änderung verbunden. Durch die Streichung des bisherigen Satzes 4 ist lediglich der bisherige Satz 5 nunmehr zu Satz 4 geworden.
cc) Anrechnung im Urkunden- und Wechselprozess
Rz. 318
Mit dem KostRÄG 2021 ist die bisher für den Urkunden- Scheck- und Wechselprozess vorgesehen Anrechnungsregelung von Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV RVG in die Vorbem. 3 VV RVG als neuer Abs. 7 versetzt worden. Grund hierfür ist, dass nach der Rechtsprechung des BGH auch im Berufungsverfahren vom Urkundenprozess Abstand genommen werden kann. Daher stellt sich die Anrechnungsfrage nicht nur im Rahmen der Nr. 3100 VV RVG, sondern auch im Rahmen der Nr. 3200 VV RVG. Das wiederum bedingte es, die Anrechnungsregelung "vor die Klammer" zu ziehen und in Vorbem. 3 VV RVG als neuen Abs. 7 zu verankern. Inhaltlich ergeben sich dadurch allerdings keine Änderungen, sieht man davon ab, dass jetzt die Anrechnung auch für ein Berufungsverfahren klargestellt worden ist.
Rz. 319
Beispiel:
Das LG hat den Beklagten im Urkundenprozess antragsgemäß zur Zahlung i.H.v. 10.000,00 EUR verurteilt. Dagegen legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin vor dem OLG nimmt der Kläger Abstand vom Urkundenprozess. Sodann wird mit Einverständnis des Beklagten im ordentlichen Verfahren weiterverhandelt.
Ebenso wie in erster Instanz ist die Verfahrensgebühr des Urkundenprozesses auf die Verfahrensgebühr des ordentlichen Verfahrens anzurechnen. Die weiteren Gebühren bleiben anrechnungsfrei. Daher fällt die Terminsgebühr doppelt an. Dass sie im selben Termin entstanden ist, ist unerheblich.
I. Urkundenprozess (Wert: 10.000,00 EUR)
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG |
|
982,40 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG |
|
736,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.739,20 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
|
330,45 EUR |
|
Gesamt |
|
2.069,65 EUR |
II. Nachverfahren (Wert: 10.000,00 EUR)
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG |
|
982,40 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 7 VV RVG anzurechnen, 1,6 aus 10.000,00 EUR |
|
– 982,40 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG |
|
736,80 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
756,80 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
|
143,79 EUR |
|
Gesamt |
|
900,59 EUR |
dd) Verschiebung des bisherigen Abs. 7
Rz. 320
Aufgrund des Einschubs des neuen Abs. 7 ist der bisherige Abs. 7 nunmehr zu Abs. 8 geworden. Inhaltlich ergeben sich dadurch allerdings keine Änderungen.