Rz. 18
Der dem Erblasser am nächsten Stehende repräsentiert seinen Stamm und schließt die eigenen Abkömmlinge von der Erbfolge aus (§§ 1924 Abs. 2, 1925 Abs. 2, Abs. 3 S. 1, 1926 Abs. 5, 1928 Abs. 2, 1929 Abs. 2 BGB). Fällt der gesetzliche Erbe weg, treten seine Abkömmlinge in seine erbrechtliche Position, § 1924 Abs. 3 BGB. Dieses Eintrittsrecht resultiert aus dem Prinzip der Erbfolge nach Stämmen. Jeder Abkömmling repräsentiert einen Stamm, wobei jeder Stamm die gleiche Erbquote erhält, § 1924 Abs. 4 BGB. Dass an die Stelle eines zuvor weggefallenen gesetzlichen Erben seine Abkömmlinge eintreten (§ 1924 Abs. 3 BGB), gilt auch dann, wenn ein lebender Abkömmling nicht Erbe wird. Dies kann z.B. durch Ausschlagung, Erbunwürdigkeit oder durch Todesfiktion der Fall sein, ebenso eine testamentarische Enterbung. Das gesetzliche Erbrecht des entfernteren Abkömmlings besteht auch dann, wenn der nähere Abkömmling durch Verfügung von Todes wegen enterbt wurde, wie der BGH jüngst entschieden hat.
Praxishinweis
Für Fälle dieser – o.g. – Art sollte in einer letztwilligen Verfügung die Anwachsung des frei werdenden Erbteils an die anderen Erben bestimmt werden, sofern der Erblasser seine eigenen Abkömmlinge enterbt und auch die aus diesem Stamm stammenden Enkel nichts erhalten sollen.
Der Grund hierfür liegt in § 1938 BGB, wonach im Zweifel der Ausschluss nicht für alle weiteren Abkömmlinge gilt. Diese bleiben dann weiterhin erbberechtigt, sodass wegen § 1938 BGB der gesamte Stamm – sofern gewollt – in einer letztwilligen Verfügung ausdrücklich ausgeschlossen werden muss.
Praxishinweis
Besondere Vorsicht ist bei gewillkürter Erbfolge anzunehmen, wenn "Abkömmlinge" bei der Erbeinsetzung berücksichtigt werden. Der Begriff der "Abkömmlinge" umfasst nicht nur die eigenen Kinder, sondern auch Kindeskinder und Urenkel, da der Begriff weiter ist als "Kinder".
Rz. 19
Ist hingegen ein Erbverzichtsvertrag nach §§ 2346 ff. BGB geschlossen, ist der ganze Stamm des Verzichtenden von der weiteren Erbfolge ausgeschlossen.
Rz. 20
Gesetzliche Erben sind die Verwandten gem. der einzelnen Erbenordnung, §§ 1924 ff. BGB, sowie der Ehegatte und der eingetragene Lebenspartner. Im Rahmen der gesetzlichen Erben der ersten bis dritten Ordnung greift das Parentelsystem ein. Der Nachlass wird somit grundsätzlich nach Stämmen und nicht nach der Anzahl der Personen geteilt, wobei gem. § 1930 BGB die nähere Ordnung die entferntere ausschließt. Nach dem Gradualsystem erben die Erben der vierten Ordnung. Dies bedeutet, dass im gleichen Verwandtschaftsgrad zu gleichen Teilen geerbt wird. Zu berücksichtigen ist auch das Repräsentationsprinzip. Es besagt, dass der innerhalb der zum Zuge kommenden Erbenordnung dem Erblasser dem Grad nach am nächsten Stehende seine eigenen Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt. Daher sind bspw. Enkel von den eigenen Eltern auf den Tod der Großeltern ausgeschlossen.