Rz. 116

Höchst umstritten ist, ob ein Verzichtsvertrag auch konkludent geschlossen werden kann. Nach der Rspr. des BGH soll unter gewissen Voraussetzungen ein stillschweigender Verzicht zulässig sein.[198] Das soll z.B. dann der Fall sein, wenn in einem gemeinschaftlichen Testament die Ehegatten einen Dritten zum Erben berufen oder wenn das ehegemeinschaftliche Kind Vertragspartner eines Erbvertrages ist, in dem sich die Eltern wechselseitig zu Alleinerben einsetzen. Dann soll sich ein stillschweigender Verzicht des Ehegatten, bzw. ein stillschweigender Pflichtteilsverzicht des Kindes als Vertragspartner ergeben.[199] Die h.M. tritt dieser Rspr. mit dem Argument entgegen, dass andernfalls der Schutzzweck des § 2348 BGB umgangen werde.[200] Auch die neuere Rspr. des BGH scheint sich nunmehr dieser Rechtsmeinung anzuschließen.[201]

 

Praxishinweis

Bei Erbverträgen ist die Pflichtteilsproblematik des Verfügenden offen anzusprechen und in der Vertragsurkunde ist niederzulegen, dass ein Pflichtteilsverzicht mit der niedergelegten letztwilligen Verfügung nicht verbunden sein soll. Sofern der Pflichtteilsverzicht gewünscht wird, kann er mit dem Erbvertrag in einer Urkunde verbunden werden.

[198] BGH NJW 1977, 1728; Münchener AnwaltHB Erbrecht/Spall, § 31 Rn 20 m.w.N.
[199] Kind/Bittler, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 2 Rn 41 ff.
[200] OLG Hamm NJW-RR 1996, 906; Keim, ZEV 2001, 1.

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