aa) Gegenständliche Beschränkung
Rz. 137
Durch einen Pflichtteilsverzichtsvertrag ist eine gegenständliche Beschränkung möglich, was beim Erbverzichtsvertrag unzulässig ist. Den Parteien steht sogar frei, dass im Rahmen eines gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichtsvertrags vereinbart werden kann, dass ein bestimmter Gegenstand bei der Berechnung oder Bewertung der Pflichtteilsansprüche entweder gar keine oder nur eine bestimmte wertmäßige Berücksichtigung finden soll.
bb) Beschränkung auf einen Bruchteil
Rz. 138
Die Beschränkung des Pflichtteilsverzichts auf einen Bruchteil ist zulässig. Dies hat zur Folge, dass bei gesetzlicher Erbfolge der Verzichtende zumindest Erbe in Höhe des Bruchteils wird, auf den nicht verzichtet wurde. Andernfalls erstreckt sich der Pflichtteilsanspruch auf den hälftigen Wert des nicht vom Verzicht erfassten Bruchteils. Darüber hinaus kann auch ein Ehepartner auf seinen zusätzlichen Anteil i.H.v. ¼ aus § 1371 Abs. 1 BGB verzichten. Sofern der Ehepartner nur auf seinen Pflichtteil verzichtet, nicht hingegen auf sein Erbrecht insgesamt, verbleibt es bei der erbrechtlichen Lösung. Daher erhöht sich der Erbteil um ¼ nach § 1371 Abs. 1 BGB. Sofern der Ehegatte dann Erbe oder Vermächtnisnehmer aufgrund einer erbrechtlichen Verfügung von Todes wegen wird, kann er neben diesem Zugewandten nichts mehr beanspruchen, außer er schlägt das Zugewendete aus und realisiert seinen Zugewinnausgleich. Wegen des Pflichtteilsverzichts steht ihm dann nach § 1371 Abs. 3 BGB nicht noch ein weiterer Anspruch auf den kleinen Pflichtteil zu. Sofern der Ehegatte nur auf das gesetzliche Erbrecht verzichtet und das Pflichtteilsrecht eingreift, kommt die güterrechtliche Lösung zum Zuge. Wenn der Zugewinnausgleich durchgeführt wird, steht dem überlebenden Ehegatten der Pflichtteil von ¼ zu, sofern er erbrechtlich nicht bedacht wurde. Sofern der überlebende Ehegatte in der Erbfolge übergangen wurde, kann er zusätzlich noch den kleinen Pflichtteil beanspruchen, außer der Ehegatte schlägt die Erbschaft aus. Hierzu folgendes Schema:
Konsequenz für: |
Ehegatte ist trotz Erbverzicht Erbe durch Verfügung von Todes wegen |
nur Pflichtteilsverzicht ohne Erbverzicht |
nur Verzicht auf gesetzliches Erbrecht |
Zugewinnausgleich |
ausgeschlossen |
erfolgt |
erfolgt |
Erbteil |
keine Erhöhung |
Erhöhung um ¼ |
nur Pflichtteil von ¼ jedoch daneben kleiner Pflichtteil möglich, wenn Ehegatte übergangen |
cc) Sonstige Beschränkungsmöglichkeiten
Rz. 139
Pflichtteilsverzichtsverträge können zur Nachlassplanung in vielgestaltiger Weise eingesetzt werden. Möglich ist ein Verzicht auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit von Beschränkungen und Beschwerungen der §§ 2306, 2307 BGB, isolierte Verzichte auf Pflichtteilsrestansprüche (§§ 2305, 2307 BGB) oder Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 BGB. Auch relative Verzichte zugunsten eines Dritten sind möglich, was insbesondere bei Berliner Testamenten anzuraten ist. Der überlebende Ehegatte sollte vor Pflichtteilsansprüchen Dritter dergestalt geschützt werden, dass für den ersten Erbfall ausgeschlossene Erbberechtigte (Abkömmlinge) einen Pflichtteilsverzichtsvertrag unter der Bedingung schließen, dass ihnen die Schlusserbeneinsetzung zufällt.
Die lange streitige Frage, ob auch der von einem behinderten Sozialleistungsbezieher selbst unterschriebene Pflichtteilsverzicht sittenwidrig ist oder gegen das Nachrangprinzip verstößt, ist inzwischen höchstrichterlich geklärt: Der BGH hat in Anlehnung an seine Wertungen zur Zulässigkeit eines sog. Behindertentestaments und die dort vorrangig geltende Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ausgeurteilt, dass behinderte Sozialleistungsempfänger zulässigerweise einen Pflichtteilsverzichtsvertrag abschließen und unterzeichnen können.