Rz. 89
Als weitere Möglichkeit, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, ist der Weg eröffnet, einen Erbvertrag abzuschließen, was der Erblasser allerdings nur persönlich vornehmen kann, § 2274 BGB. Die Errichtung des Erbvertrags folgt nach §§ 2274 ff. BGB: Im Erbvertrag muss mindestens eine vertragsmäßige Verfügung enthalten sein, andernfalls ein Testament vorliegt. Vertragsmäßig können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen getroffen werden, §§ 1941 Abs. 1, 2278 Abs. 2 BGB. Andere letztwillige Anordnungen, wie z.B. die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder Teilungsanordnungen, können hingegen nur einseitig im Erbvertrag verfügt werden und sind deshalb nach Testamentsrecht zu beurteilen. Da der Erbvertrag rechtsdogmatisch eine Doppelnatur besitzt, stellt er einen echten Vertrag sowie gleichzeitig eine Verfügung von Todes wegen dar. Der Erbvertrag ist vom Rechtsgeschäft unter Lebenden abzugrenzen. Als Abgrenzungskriterium ist die angestrebte Art der Bindung der Vertragsparteien heranzuziehen. Der Erbvertrag soll verhindern, dass der Erblasser ohne Kenntnis oder Mitwirkung seines Erbvertragspartners seine erbrechtliche Verteilung bzgl. der vertragsmäßigen Verfügungen ändert. Hierbei wird allerdings keine schuldrechtliche Verpflichtung konstruiert, sodass kein Anspruch gegen den Erblasser zu dessen Lebzeiten begründet wird. Auch eine rechtlich gesicherte Anwartschaft wird durch den Erbvertrag nicht hervorgerufen.
Rz. 90
Der Unterschied zwischen Erbvertrag und Testament liegt darin, dass das Testament grundsätzlich widerruflich ist, der Erbvertrag hinsichtlich seiner vertragsmäßigen Verfügungen nicht, §§ 2253 ff., 2289 Abs. 1 S. 2 BGB. Damit geht die Bindung des Erblassers an seine vertragsgemäßen Verfügungen einher. Hierzu fordert der BGH, dass im Erbvertrag zumindest eine vertragsgemäße Verfügung enthalten sein muss. Eine freie Widerrufbarkeit ohne Vorbehaltsklauseln im Erbvertrag ist für den Erblasser daher nicht gegeben; dadurch wird eine sehr starke Bindungswirkung durch den Erbvertrag geschaffen. Wurde im Erbvertrag ein Rücktrittsrecht vorbehalten und aufgrund dessen eine Rücktrittserklärung notariell beurkundet, ist die isolierte, notariell beurkundete Rücktrittserklärung nicht in die amtliche Verwahrung zu nehmen. Wird der Rücktritt vom Erbvertrag erklärt, kann die Rücktrittserklärung auch gegenüber einem Vorsorgebevollmächtigten des Vertragspartners erklären; der gerichtlichen Bestellung eines Betreuers zur Entgegennahme der Rücktrittserklärung bedarf es nicht, sofern die Vollmacht inhaltlich sich auch auf diesen vermögensrechtlichen Bereich erstreckt.
Rz. 91
In formeller Hinsicht kann der Erblasser den Erbvertrag nur persönlich schließen, § 2274 BGB. Sofern der Vertragsgegner nur die Annahme der erblasserseits getroffenen vertragsgemäßen Verfügungen erklären will, kann er sich nach allgemeinen Stellvertretungsregeln vertreten lassen. Wenn der Vertragsgegner hingegen selbst vertragsmäßige oder seinerseits einseitige Verfügungen treffen möchte, ist seine Vertretung ausgeschlossen. In formeller Hinsicht ist für einen Erbvertrag immer notarielle Beurkundung notwendig, § 2276 Abs. 1 S. 1 BGB.
Rz. 92
Mit der Vorlage eines notariellen Erbvertrages nebst Eröffnungsprotokoll kann in einem Gerichtsverfahren und auch anderweitig die Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO nachgewiesen werden.
Wird ein privatschriftliches Testament in die amtliche Verwahrung gegeben, erhält es durch die Hinterlegung noch nicht den Charakter einer öffentlichen Urkunde; daher kann es im Grundbuchberichtigungsverfahren keinen Erbschein ersetzen.
Praxishinweis
Der Abschluss eines Erbvertrags sollte nur dann ins Auge gefasst werden, wenn eine nicht mehr abänderbare Regelung der Vertragsparteien gewünscht wird. Notfalls sollte sich der Erblasser den Rücktritt vom Erbvertrag in der Vertragsurkunde vorbehalten.