Rz. 12

Der Gesetzgeber hat die Übergangsvorschrift des Art. 12 § 10 Abs. 1 S. 1 NEhelG in der ab dem 29.5.2009 geltenden Fassung aufgrund der Entscheidung des EGMR in Sachen Brauer ./. BRD[7] erlassen. Durch die neue Fassung sollte den Anforderungen der EMRK genügt werden. Der Gesetzgeber hat sich bei der neuen Fassung seinerzeit bewusst für eine formale Stichtagsregelung entschieden. Eine Einzelfallprüfung anhand persönlicher Betroffenheit sollte nicht erfolgen. Vielmehr wurde der Übergangsvorschrift des Art. 12 § 10 Abs. 1 S. 1 NEhelG eine schematische Abgrenzung nach dem Datum der Entscheidung des EGMR (28.5.2009) in Sachen Brauer ./. BRD zugrunde gelegt. Im Gesetzgebungsverfahren wurden die für und gegen die formale Regelung sprechenden Argumente sorgfältig abgewogen.[8] Der Gesetzgeber hat dabei die Rechte der nichtehelichen Kinder einerseits und der Väter nichtehelicher Kinder und deren erbberechtigten Familienangehörigen andererseits im Licht der Entscheidung des EGMR in Sachen Brauer ./. BRD berücksichtigt.[9] Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Beseitigung der erbrechtlichen Ungleichbehandlung auch für Erbfälle diskutiert, die sich vor dem 29.5.2009 ereignet haben.[10] Dennoch hat sich der Gesetzgeber für eine Stichtagsregelung entschieden. Ausschlaggebend hierfür waren Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und Bedenken gegen die mit einer Rückabwicklung lange vergangener Erbfälle einhergehenden Schwierigkeiten.[11] Zudem ging der Gesetzgeber davon aus, dass trotz der Stichtagsregelung weitere Verurteilungen unwahrscheinlich seien.[12] So wurde im Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags und der Beschlussempfehlung ausgeführt, dass der Entscheidung in Sachen Brauer ./. BRD ein "atypischer Sachverhalt“ zugrunde gelegen habe.[13] Der Rechtsausschuss des Bundestags hat zudem hervorgehoben, dass der EGMR betont habe, dass dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in Sachen Brauer ./. BRD keine Bedeutung zukam, da es nur Erben der dritten Ordnung gab, welche die Erblasserin nicht einmal gekannt habe.[14] Zudem habe es sich um einen Fall mit DDR-Bezug gehandelt und es habe zwischen dem Erblasser und seiner Tochter eine tatsächliche Nähebeziehung bestanden.[15]"

[7] EGMR ZEV 2009, 510 = FamRZ 2009, 1293.
[8] BT-Drucks 17/3305, S. 6 f.; darauf hat bereits das OLG Düsseldorf v. 20.3.2015 – I-7 U 55/14, FamRZ 2015, 1526 = BeckRS 2015, 11016 hingewiesen.
[9] BT-Drucks 17/3305, S. 6 f.
[10] BT-Drucks 17/3305, S. 7.
[11] BT-Drucks 17/3305, S. 7 f.
[12] BT-Drucks 17/4776 S. 7.
[13] BT-Drucks 17/4776 S. 7.
[14] BT-Drucks 17/4776 S. 7.
[15] BT-Drucks 17/4776 S. 7.

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