Rz. 39
Das Hausgeld wird in der Zwangsversteigerung seit dem 1.7.2007 an der Rangstelle Nr. 2 von § 10 Abs. 1 ZVG befriedigt. Dies gewährleistet bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum dem Anspruch der anderen Wohnungseigentümer gegen den schuldnerischen Wohnungseigentümer auf Zahlung von Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums ein eindeutiges Vorrecht. Für Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht gilt dasselbe, §§ 1 Abs. 6, 30 Abs. 3 S. 2 WEG.
Rz. 40
Die Ansprüche müssen fällig sein. Leistungen, über deren Erbringung die Wohnungseigentümer noch nicht beschlossen haben, z.B. Restzahlungen aus einer noch nicht beschlossenen Jahresabrechnung, sind damit ausgeschlossen. Die Ansprüche müssen sich auf das zur Vollstreckung stehende Wohnungseigentum, nicht etwa auf andere Wohnungen desselben Eigentümers, beziehen.
Rz. 41
In zeitlicher Hinsicht ist das Vorrecht begrenzt auf die laufenden und rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und aus den letzten zwei Jahren.
Rz. 42
Der Höhe nach ist das Vorrecht auf Beträge von 5 % des nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswerts begrenzt. Diese Begrenzung schließt alle Nebenleistungen ein, insbes. auch geltend zu machende Kosten. Weiter gehende Ansprüche, ebenso wie zeitlich weiter zurückliegende Ansprüche, können in Rangklasse 5 berücksichtigt werden, wenn die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Vollstreckungstitel erwirken und dem Verfahren beitreten.
Rz. 43
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Diese Rechtsprechung ist auch gesetzlich verankert. Mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) vom 16.10.2020 (BGBl I, 2187) wurde nunmehr auch gesetzlich die Rechtsfähigkeit der WE-Gemeinschaft geregelt. Die neuen Regelungen sind weitgehend am 1.12.2020 in Kraft getreten. Nach § 9a Abs. 1 WEG kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden. Sie führt die Bezeichnung "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" oder "Wohnungseigentümergemeinschaft", gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten, übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt deren gemeinschaftsbezogene Pflichten wahr, § 9a Abs. 2 WEG. Dies gilt auch für das Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, soweit es sich nicht um Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer handelt.
Rz. 44
Die Ansprüche müssen, da sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind, von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bzw. im Fall des Rückgriffsanspruchs eines einzelnen Wohnungseigentümers von diesem rechtzeitig angemeldet und auf Verlangen glaubhaft gemacht werden, §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110, 114 Abs. 1, 156 Abs. 2 S. 4 ZVG. Einwendungen sind von den Beteiligten durch Widerspruch geltend zu machen, § 115 ZVG.
Rz. 45
Wegen der Ansprüche aus der Rangklasse 2 kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch selbst die Zwangsvollstreckung betreiben, § 10 Abs. 3 ZVG. Die Forderung darf die Höchstgrenze des § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ZVG von 5 % des Verkehrswerts nicht übersteigen.
Rz. 46
Aufgrund des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes ist die Voraussetzung der Forderungshöhe über mindestens 3 % des Einheitswerts des Wohnungseigentums entfallen. Die zum früheren Recht ergangene Rechtsprechung ist damit überholt.
Rz. 47
Aus dem zur Vollstreckung aus der Rangklasse 2 vorzulegenden Titel müssen die Zahlungsverpflichtung des Schuldners sowie Art (Hausgeldforderung), Bezugszeitraum und Fälligkeit des Anspruchs (wegen des nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 ZVG berücksichtigungsfähigen Zeitraums) erkennbar sein. Mit der ausdrücklichen Festlegung dieser Erfordernisse will der Gesetzgeber klarstellen, dass kein Duldungstitel erforderlich ist. Auch ein im Mahnverfahren erreichter Zahlungstitel reicht aus. Urteile ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe nach § 313a ZPO sowie Versäumnis-, Anerkenntnis- und Verzichtsurteile nach § 313b ZPO enthalten die erforderlichen Angaben nicht. Für diese Fälle sind die Voraussetzungen in sonst geeigneter Weise, etwa durch Vorlage eines Doppels der Klageschrift, glaubhaft zu machen. Auf den Widerspruch eines Gläubigers kommt es hierfür nicht an. Das Vollstreckungsgericht ist gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 ZVG an eine Falschbezeichnung einer Hausgeldforderung im Vollstreckungsbescheid als Forderung aus Miete gebunden, ohne dass eine anderweitige Glaubhaftmachung gemäß § 10 Abs. 3 S. 3 ZVG möglich wäre.
Rz. 48
Hinweis
Die Bevorrechtigung hat gravierende Auswirkungen in der Abwicklung einer Veräußerung. Der Käufer ist hierbei durch eine zu seinen Gunsten bestellte Auflassungsvormerkung nicht geschützt. Eine (Auflassungs-)Vormerkung ist im Zwangsversteigerungsverfahren wie ein Recht der Rangklasse...