Rz. 77

Um eine endgültige Bereinigung der nach wie vor unterschiedlichen Rechtslage im Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern herbeizuführen, wurden umfassende Regelungen durch Ergänzungen des EGBGB, durch das Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG), das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz (RegVBG) und das Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) geschaffen.

 

Rz. 78

Durch § 295 Abs. 2 ZGB konnte Eigentum an Gebäuden unabhängig vom Eigentum am Boden begründet werden. Dieses Gebäudeeigentum wurde behandelt wie ein selbstständiges Grundstück, § 295 Abs. 2 ZGB, es war nicht wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens. Zur Entstehung wurde dem Berechtigten ein Nutzungsrecht verliehen.

 

Rz. 79

Dieses Nutzungsrecht wurde dem Berechtigten an einem volkseigenen Grundstück verliehen, § 286 Abs. 1 Nr. 1 ZGB, als Belastung in Abt. II des Grundstücksgrundbuchs eingetragen und ein selbstständiges Gebäudegrundbuchblatt angelegt, § 4 Abs. 4 S. 3 des Gesetzes über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken (v. 14.12.1970, GBl I, S. 372). Für dieses Nutzungsrecht und das Gebäudeeigentum gelten Art. 231 § 5 und Art. 233 § 4 EGBGB sowie § 9a EGZVG. Dieses Nutzungsrecht ist vergleichbar dem Erbbaurecht.[64]

 

Rz. 80

Das Nutzungsrecht konnte weiterhin aufgrund der Zuweisung genossenschaftlich genutzten Bodens durch eine sozialistische Genossenschaft für den Bau und die persönliche Nutzung eines Eigenheims entstehen, § 286 Abs. 1 Nr. 2 ZGB. Auch hier wurde ein Gebäudegrundbuchblatt angelegt, § 4 Abs. 2 S. 2 der BereitstellungsVO v. 9.9.1976 (GBl I, S. 157). Das Nutzungsrecht wurde aber nicht als Belastung im Grundstücksgrundbuch eingetragen, sondern es wurde nur ein Vermerk im Bestandsverzeichnis über das Gebäudeblatt angelegt. Für dieses Nutzungsrecht und das Gebäudeeigentum gelten Art. 231 § 5 und Art. 233 § 4 EGBGB sowie § 9a Abs. 1 EGZVG.[65]

 

Rz. 81

Ebenfalls entstand ein Nutzungsrecht aufgrund eines Vertrags zwischen Eigentümer und Nutzungsberechtigtem bei Bodenflächen zur Erholung (kleingärtnerische Nutzung), § 286 Abs. 1 Nr. 4 ZGB.[66]

 

Rz. 82

Da das Gebäude hier wie eine bewegliche Sache behandelt wurde, erfolgte auch keinerlei Eintragung im Grundbuch. Für dieses Nutzungsverhältnis gilt Art. 232 § 4 EGBGB i.V.m. §§ 1, 29 SchuldRAnpG und dem ErholNutzG.[67]

 

Rz. 83

Ein weiteres Nutzungsrecht besteht vielfach für die LPG u.Ä. Einrichtungen sowie Wohnungsbaugenossenschaften, Art. 233 § 2b EGBGB. Errichtete die LPG an den von den Genossen eingebrachten Grundstücken Gebäude und Anlagen, wurden diese selbstständiges Eigentum der LPG, § 27 LPGG (v. 2.7.1982, GBl I, S. 443). Nach Art. 233 § 2b Abs. 2 S. 3 EGBGB muss zur Verkehrsfähigkeit des Gebäudeeigentums von Amts wegen ein Gebäudegrundbuchblatt angelegt werden. Dieses Gebäudeeigentum ist damit verkehrsfähig.[68]

 

Rz. 84

Durch Art. 233 § 4 Abs. 4 EGBGB (eingefügt durch das 2. VermRÄndG) und nach Änderung durch das 2. Eigentumsfristengesetz v. 20.12.1999 (BGBl I, S. 2493) ist klargestellt, dass das verliehene Nutzungsrecht bei bis zum Ablauf des 31.12.2000 angeordneten Zwangsversteigerungen auch dann bestehen bleibt, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots grds. nicht zu berücksichtigen wäre, also wenn insbes. das Verfahren aus der Rangklasse 2 oder 3 des § 10 Abs. 1 ZVG betrieben wird.[69] Dieselbe Rechtswirkung des Bestehenbleibens ergibt sich für das zugewiesene Nutzungsrecht. Zwar ist das Nutzungsrecht nicht als Belastung aus dem Grundbuch ersichtlich, einer besonderen Anmeldung zur Berücksichtigung in der bis zum Ablauf des 31.12.2000 angeordneten Versteigerung bedarf es jedoch nicht, da das Nutzungsrecht kraft Gesetzes nicht erlischt, Art. 233 § 4 Abs. 4 EGBGB.[70]

 

Rz. 85

Da die Aufbauten aufgrund des vertraglich vereinbarten Nutzungsrechts behandelt werden wie bewegliche Sachen, also nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind (Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 232 § 4 EGBGB) und auch nicht als Zubehör angesehen werden können, werden sie von der Beschlagnahme nach § 20 ZVG nicht erfasst.

 

Rz. 86

Für die Zwangsversteigerung sind auf diese Nutzungsrechte die Miet-/Pachtrechtsvorschriften des BGB anzuwenden, der Ersteher tritt in das Nutzungsverhältnis ein und hat ein außerordentliches Kündigungsrecht.[71]

 

Rz. 87

Das selbstständige Gebäudeeigentum der LPG wird erst ab 1.1.2001 von der Beschlagnahme des Grundstücks erfasst, Art. 231 § 5 Abs. 1 EGBGB i.V.m. § 9a Abs. 1 EGZVG und Art. 1 Abs. 1 EFG.

 

Rz. 88

Damit für die Zukunft eine Bereinigung der Rechtsverhältnisse eintritt, kann für den Gebäudenutzer entweder ein Erbbaurecht, §§ 28 bis 55 SachenRBerG, bestellt werden oder der Nutzer kann das Grundstück käuflich erwerben, §§ 56 bis 73 SachenRBerG. Haben sich die Beteiligten auf die Begründung eines Erbbaurechts geeinigt, ergeben sich für die Zwangsversteigerung keine weiteren Besonderheiten. Hat der Nutzer das Grundstück erworben und das Nutzungsrecht ist aufgegeben worden, ist das Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks und es ergibt...

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