Dr. K. Jan Schiffer, Eberhard Rott
Rz. 44
Hierunter fällt der Beispielsfall, dass durch eine erst im Nachhinein aufgetauchte letztwillige Verfügung der (vermeintliche) Testamentsvollstrecker erfährt, dass er nie Testamentsvollstrecker sein sollte. Aus § 2221 BGB lässt sich ein Vergütungsanspruch nicht herleiten, da das für die Testamentsvollstreckung charakteristische gesetzliche Schuldverhältnis in diesem Fall gerade nicht besteht. Für die Frage der Vergütung wird danach unterschieden, ob der Testamentsvollstrecker gutgläubig oder bösgläubig ist, ob er vom Nachlassgericht eingesetzt wurde oder durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis legitimiert ist.
1. Gutgläubiger Testamentsvollstrecker
Rz. 45
Der Testamentsvollstrecker, der im Vertrauen auf seine wirksame Einsetzung für den Nachlass handelt, soll nach überwiegender Auffassung für seine bis dahin geleistete Tätigkeit eine angemessene Vergütung erhalten. Anspruchsgrundlage sind dann die Vorschriften über die Geschäftsbesorgung, die der vermeintliche Testamentsvollstrecker hier zugunsten der Erben führt, §§ 675, 612 BGB. Die Vergütung soll sich dann wie bei einem Testamentsvollstrecker bemessen.
2. Bösgläubiger Testamentsvollstrecker
Rz. 46
Bestätigt sich später die von den Erben schon früher vertretene Auffassung, die Bestellung zum Testamentsvollstrecker sei zu Unrecht erfolgt, entfällt nach der Rechtsprechung der Vergütungsanspruch vollständig. Diese Auffassung wird von Teilen des Schrifttums geteilt. Ein Testamentsvollstrecker, dem die Bedenken gegen seine Ernennung bekannt seien, sei generell nicht schutzwürdig. Nach anderer Auffassung soll in diesen Fällen § 2221 BGB analoge Anwendung finden, weil der Erblasser mit seiner letztwilligen Verfügung einen Rechtsschein zugunsten der Testamentsvollstreckung begründet hat, den sich die Erben zurechnen lassen müssen.
Stellungnahme
Richtigerweise wird man differenzieren müssen. Tragen die Erben keine substantiierten Gründe gegen die Wirksamkeit der Ernennung vor und kann der Testamentsvollstrecker bei einer objektiven Betrachtungsweise ebenfalls keine gegen die Wirksamkeit der Ernennung sprechenden Gründe erkennen, so muss der Erbe den von dem Erblasser gesetzten Rechtsschein gegen sich gelten lassen, mit der Folge, dass dem (insoweit gutgläubigen) Testamentsvollstrecker eine Vergütung zuzubilligen ist. Anderenfalls wäre jedem Erben ein in der Praxis für ihn vollkommen unproblematisch und risikolos handhabbares Instrumentarium in die Hand gegeben, jeden Testamentsvollstrecker, auch den wirksam eingesetzten, vom Antritt seines Amtes einfach dadurch abzuschrecken, dass substanzlos die Wirksamkeit der Ernennung bestritten wird. Die Folge wäre die praktische Aushöhlung des gesamten Rechtsinstitutes.
3. Der vom Nachlassgericht legitimierte Testamentsvollstrecker
Rz. 47
Wiederum anders stellt sich die Situation dar, wenn der vermeintliche Testamentsvollstrecker durch das Nachlassgericht nach § 2200 BGB ernannt wurde oder über ein Testamentsvollstreckerzeugnis verfügt. Aufgrund des erhöhten Vertrauens in die gerichtliche Ernennung und Entscheidung soll ihm hier der Vergütungsanspruch analog § 2221 BGB zustehen, solange er im Vertrauen auf die Gültigkeit dieser Ernennung tätig war.
Gestaltungshinweis
Angesichts der in Literatur und Rechtsprechung nicht eindeutig und teilweise auch nicht zufriedenstellend geklärten Rechtslage zum Vergütungsanspruch des vermeintlichen Testamentsvollstreckers muss bei der Formulierung der Testamentsvollstreckerernennung höchste Sorgfalt aufgewandt werden. Testierende, die hier nachlässig agieren, gehen das hohe Risiko ein, dass die gesamte gewollte Testamentsvollstreckung ins Leere läuft, weil professionell agierende Testamentsvollstrecker in der Praxis kaum bereit sein werden, das Vergütungsrisiko zu tragen.
Rz. 48
Dem Testamentsvollstrecker kann nur empfohlen werden, vor Annahme des Amtes die Wirksamkeit der Anordnung sorgfältig zu prüfen. Bleiben Zweifel, wird er sich entscheiden müssen, ob er bereit ist, das Vergütungsrisiko zu tragen. Eine gewisse Verbesserung seiner Position wird sich erreichen lassen, wenn er – in Absprache mit dem Nachlassgericht – die vom Erblasser ausgesprochene Ernennung nicht annimmt, sich anschließend aber (einen hierfür rechtlich geeigneten Fall unterstellt) durch das Nachlassgericht gemäß § 2200 BGB bestellen lässt. Auf die ganz sichere Seite begibt sich der Testamentsvollstrecker, wenn er – was grundsätzlich ohnehin empfehlenswert ist – zu Beginn seines Amtes mit den Erben eine konkrete Vergütungsvereinbarung trifft.