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Die Nachteile von Pauschalvergütungen, seien sie durch Gegenstandswerte oder durch Festbeträge bestimmt, zeigen sich immer dann, wenn der investierte Zeitaufwand gering und die Pauschalvergütung hoch ist. Aufgewandte Zeit und "verdientes" Honorar haben nach allgemeinem Verständnis in einem angemessenen Verhältnis zu stehen, ansonsten werden sie als ungerecht empfunden.[71] In der Schweiz, die ebenfalls über eine lange Tradition im Bereich der Testamentsvollstreckung verfügt, hat es sich mittlerweile durchgesetzt, dass eine Pauschalvergütung einer "Schattenrechnung" auf der Basis des vom Testamentsvollstrecker tatsächlich benötigten Zeitaufwandes standhalten muss.[72]

In unserem Rechtskreis findet die Zeitvergütung für den Testamentsvollstrecker vermehrt Anhänger.[73] Vertiefend zu Einzelfragen der Zeitvergütung für den Testamentsvollstrecker siehe nachfolgend § 7.

 

Stellungnahme

Was in der Abrechnung anwaltlicher erbrechtlicher Berater Usus ist, sollte auch für Testamentsvollstrecker möglich sein. Von der rechtsdogmatischen Seite her stellt auch die Zeitgebühr eine mit dem Differenzierungsgebot aus § 2221 BGB in Einklang zu bringendes Berechnungsmodell dar.[74]

[71] § 14 Abs. 3 StBVV bringt diesen Rechtsgedanken für Steuerberater zum Ausdruck ("Der Gebührenanteil der Pauschalvergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung des Steuerberaters stehen."); vom Gedanken ähnlich: § 22 Abs. 2 RVG, Kappungsgrenze für Rechtsanwälte auf einen Gegenstandswert von i.d.R. 30 Mio. EUR.
[72] Umgekehrt müssen allzu zögerlich arbeitende Testamentsvollstrecker damit rechnen, dass aus ihrer Abrechnung unnötig aufgewandte Stunden herausgestrichen werden, vgl. Bezirksgericht Zürich, Urt. v. 14.9.2000, Prozess-Nummer U/CG970283, abgedr. bei Künzle, Willensvollstreckung – aktuelle Rechtsprobleme, 2006, Anhang 4. Das gelegentlich zu hörende Argument, dass "Bummler" und gewissenhafte Routiniers zu unterschiedlichen Vergütungen kommen, vgl. Lieb, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, Kap. II, Rn 103 (S. 37), ist also nicht stichhaltig.
[73] Siehe etwa ausführlich Kraft, ZEV 2019, 678 ff.; zuvor bereits Zimmermann, ZEV 2001, 334–340; sowie OLG Köln, Urt. v. 12.7.1988 – 22 U 186/87.
[74] Siehe Lieb, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, Kap. II, Rn 91 ff. (S. 33 ff.).

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