Rz. 38

Die sich durch das zum 1.1.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts ergebenen Änderungen haben als wichtige Neuerung insb. die Erstreckung der Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf Arbeitsverträge mit sich gebracht. Dies ist für Personalverantwortliche, die regelmäßig Arbeitnehmer in das Ausland entsenden, von besonderem Interesse. Die Bedingungen des Auslandseinsatzes werden vielfach in Entsenderichtlinien oder aber in Vertragsmustern vorformuliert. Bei diesen handelt es sich im Regelfall um AGB, sodass eine (Inhalts-) Kontrolle nunmehr gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB erfolgt. Die Auswirkungen dieser AGB-Kontrolle im Einzelfall lassen sich wegen der noch zu geringen Rechtsprechung zu diesem Problemkreis nicht endgültig abschätzen. Im Folgenden sollen daher neben der kurzen Erläuterung einer AGB-Kontrollprüfung die Auswirkungen auf bestimmte Klauseln aus Entsendeverträgen dargestellt werden.

1. AGB-Kontrolle

 

Rz. 39

Arbeitsverträge unterliegen gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB der AGB-Kontrolle und den im AGB-Recht entwickelten Leitlinien.[1] Allerdings sind für die AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen, § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Gem. § 310 Abs. 4 BGB findet die Inhaltskontrolle auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen sowie Dienstvereinbarungen keine Anwendung. Im Hinblick auf die Inhaltskontrolle ist daher in Zukunft genau zu unterscheiden, ob es sich um individuelle oder kollektive Vereinbarungen handelt.

[1] Ulmer/Brandner/Hensen, § 1 Rn 9 ff.

2. Vorliegen von AGB

 

Rz. 40

AGB sind nach § 305 Abs. 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender, regelmäßig der Arbeitgeber) der anderen Partei (der Arbeitnehmer) bei Abschluss eines Vertrags stellt.

Erfasst werden hierbei insb. Formulararbeitsverträge. Die Vertragsbedingungen müssen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sein. Die AGB-Kontrolle bezieht sich nur auf Vertragsbedingungen, die für eine mehrfache Verwendung vorgesehen sind. Untere Grenze sind drei bis fünf Verwendungen, wobei die AGB-Kontrolle schon im ersten Verwendungsfall einsetzt.[2] Nicht erforderlich ist, dass der Verwender selbst die mehrfache Verwendung plant.[3] Besorgt sich der Arbeitgeber daher für eine einmalige Verwendung ein gebräuchliches Arbeitsvertragsmuster, das ein Dritter aufgestellt hat, z.B. aus einem Vertragsmusterhandbuch, liegen ebenfalls AGB vor. Die Vertragsbedingungen sind vorformuliert, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. Auch eine mit Wiederholungsabsicht in ein Formular eingefügte Regelung ist eine AGB.

Darüber hinaus finden bei Arbeitsverträgen die §§ 305c Abs. 2306 bis 309 BGB auch dann Anwendung, wenn die vorformulierten Vertragsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, der Arbeitnehmer aber keinen Einfluss auf deren Inhalt nehmen konnte.[4]

 

Rz. 41

Für den Bereich der Auslandstätigkeit ist entscheidend, dass es sich bei den Entsenderichtlinien um AGB handelt. In diesen werden in Unternehmen, die häufig Mitarbeiter in das Ausland transferieren, die Bedingungen des Auslandseinsatzes festgeschrieben (s. Rdn 2 f.). Auch vorformulierte Vertragsmuster für Auslandstätigkeiten erfüllen den AGB-Begriff, sofern sie für eine mehrfache Verwendung vorgesehen sind.

Diese Vertragsbedingungen müssen vom Verwender gestellt werden, § 305 BGB. Dies ist der Fall, wenn eine Partei die Einbeziehung verlangt, also ein konkretes Einbeziehungsangebot macht. Die AGB-Kontrolle setzt darüber hinaus schon bei einmaliger Verwendung ein, wenn es sich bei dem Arbeitsvertrag um einen Verbrauchervertrag gem. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB handelt. In einem solchen Fall verzichtet das Gesetz auch auf das Erfordernis des "Stellens".

Heute werden nach Auffassung des BAG[5] und der h.M.[6] Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB angesehen. Es werden daher nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung, ob die Klausel den Verbraucher unangemessen benachteiligt, auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sein.[7] Die Verbrauchereigenschaft ist weiterhin entscheidend für die Höhe der Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Die Verzugszinsen betragen danach 8 % über dem Basiszinssatz, soweit kein Verbraucher an dem Rechtsgeschäft beteiligt ist und 5 % über dem Basiszinssatz, soweit ein Verbraucher Vertragspartner geworden ist.

 

Rz. 42

Will der Arbeitgeber in diesem Fall eine AGB-Kontrolle vermeiden, muss er individuelle Vertragsabreden mit dem Arbeitnehmer treffen, sie also im Einzelnen wirklich aushandeln, §§ 305 Abs. 1 Satz 3305b BGB. Eine Belehrung durch den Arbeitgeber über die Tragweite der Klauseln ist nicht ausreichend, ebenso wenig wie eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Erklärung, der Vertragsinhalt sei im Einzelnen ausgehandelt worden. Auch das Auffordern zu Streichungen oder Ergänzungen ist für die Begründung einer Individualabrede nich...

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