Rz. 95
Um eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung herzustellen, braucht es auch ein entsprechendes Verfahren.
a) Zuständigkeit
Rz. 96
Die Nachlassverwaltung wird auf Antrag durch das Nachlassgericht angeordnet. Ein solcher Antrag liegt vor, sobald eine Vermögensmasse vorliegt, die die Kosten deckt gem. § 1982 BGB und wenn kein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wurde gem. § 1988 BGB. Die Beschlussbekanntgabe ist in §§ 40 f. FamFG enthalten.
b) Antragsberechtigte
Rz. 97
Den Antrag zur Nachlassverwaltung können nur bestimmte Berechtigte anordnen.
Zum einen kann der Erbe den Antrag zeitlich unbeschränkt anordnen gem. § 1981 Abs. 2 BGB. Sind Miterben involviert, können diese den Antrag nur gemeinsam stellen gem. § 2062 BGB. Geschieht eine gemeinsame Antragsstellung nicht, kann der Miterbe als Nachlassgläubiger den Antrag stellen und muss die Voraussetzungen eines Nachlassgläubigers erfüllen. Bei einem Nacherben liegt die Antragsberechtigung zeitlich nach dem Eintritt des Nacherbfalls gem. § 2144 Abs. 1 BGB.
Rz. 98
Eine Antragsberechtigung haben auch die Erbeserben nach § 1981 Abs. 1 BGB.
Rz. 99
Nachlassgläubiger haben ein zeitlich und sachlich eingeschränktes Antragsrecht. Sie können innerhalb von zwei Jahren nach der Erbschaftsannahme den Antrag stellen, sofern die Gefahr einer Nichterfüllung der Nachlassverbindlichkeiten gem. § 1981 Abs. 2 BGB besteht. Bei der Antragstellung hat der Gläubiger die Nachlassforderung glaubhaft darzustellen gem. § 31 FamFG. Eine bestrittene Forderung reicht dafür gem. § 1981 Abs. 2 BGB nicht aus. Zudem müssten einige Forderungen von Nachlassgläubigern gefährdet sein und der Grund sich entweder auf das Handeln des Erben oder seiner Vermögenslage beziehen, siehe § 1981 Abs. 2 BGB.
Rz. 100
Auch der Testamentsvollstrecker kann den Antrag analog gem. § 317 Abs. 1 InsO stellen. Des Weiteren besteht auch für den Erbschaftserwerber die Möglichkeit einer Antragsstellung gem. § 2383 BGB.
Hinweis
Eine Antragsberechtigung für den Nachlasspfleger liegt nicht vor, da dieser nicht für die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten und für die Ermöglichung der Haftungsbeschränkung zuständig ist.
c) Rechtswirkung der Anordnung der Nachlassverwaltung
Rz. 101
Durch Eröffnung der Nachlassverwaltung kann der Erbe die Nachlassgläubiger auf den Nachlassverwalter verweisen und somit einen Eingriff in sein Eigenvermögen abwehren. Der Nachlassverwalter sichert dabei eine ordnungsgemäße Ausführung des Nachlasses. Der Eröffnungsantrag einer Nachlassverwaltung kann nicht mehr zurückgenommen werden gem. § 13 Abs. 2 InsO analog. Aufgrund der Eröffnung der Nachlassverwaltung verliert der Erbe etwaige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über den Nachlass, siehe dazu § 1984 Abs. 1 S. 1 BGB und § 80 InsO. Möchte ein Nachlassschuldner nach der Eröffnung mit schuldbefreiender Wirkung an den Erben zahlen, geht dies nun gem. § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mehr. Allgemein bleibt jedoch der Erbe der Rechtsträger des Nachlasses.
d) Rechtsstellung des Nachlassverwalters
Rz. 102
Der Nachlassverwalter ist eine mitwirkende Partei kraft Amtes und wird durch das Nachlassgericht beaufsichtigt gem. §§ 1975, 1961, 1962, 1915, 837 Abs. 1 BGB. Er ist zudem im Prozess gesetzlicher Prozessstandschafter. Dadurch verliert der Erbe die aktive und auch passive Prozessführung gem. § 1984 Abs. 1 BGB. Unterbrochene Prozesse durch den Tod des Erblassers werden durch den Nachlassverwalter wieder aufgenommen gem. §§ 239 und 246 ZPO. Außerdem erhält er nun die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass gem. §§ 1984 Abs. 1 S. 1, 1985 Abs. 1 BGB. Deswegen kann er sich mit Wirkung auf den Nachlass verpflichten und mögliche Nachlassverbindlichkeiten entstehen lassen gem. §§ 1975, 1915, 1793 BGB.
e) Aufgaben des Nachlassverwalters
Rz. 103
Der Nachlassverwalter wird mit einer förmlichen Verpflichtung bestellt gem. §§ 1915, 1789 BGB und somit wirksamer Nachlassverwalter. Ab diesem Zeitpunkt beginnen und entstehen entsprechende Verpflichtungen und gesetzliche Rechte. Folglich entsteht auch ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Nachlassverwalter und dem Erben.
Rz. 104
Der Nachlassverwalter muss den Nachlass in Besitz nehmen, ihn verwalten und Nachlassverbindlichkeiten erfüllen gem. §§ 1985 f. BGB. Möchte der Erbe den Nachlass nicht herausgeben, hat der Nachlassverwalter die Verpflichtung, eine Herausgabeklage zu erheben. Der Beschluss über die Anordnung der Nachlassverwaltung ist kein Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, weshalb der Nachlassverwalter den Nachlass herausklagen muss.
Rz. 105
Grundsätzlich hat der Nachlassverwalter vollumfängliche Handlungsmöglichkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, aber nur im Rahmen einer sachgemäßen Bewirtschaftung. Dazu gehört jedoch nicht die Auseinandersetzung des Nachlasses. Er hat nur nach Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten zu handeln und den Überschuss an die Erben herauszugeben, siehe § 1986 Abs. 1 BGB.
Rz. 106
Zusätzlich muss er dem Nachlassgericht ein richtiges und vollständiges Nachlassverzeichnis vorlegen gem. §§ 1802 und 1915 BGB, welche...