Rz. 6
Es gibt mehrere Arten von Erblasserschulden. Zu den Erblasserschulden können sogar etwaige Unterhaltsverpflichtungen des Erblassers zählen, die den Nachlassverbindlichkeiten zugeordnet werden können. Nachfolgend eine kurze Übersicht über die sog. Erblasserschulden.
1. Unterhaltsverpflichtungen
Rz. 7
Ein Anspruch auf Verwandtenunterhalt erlischt nach § 1615 Abs. 1 S. 1 BGB mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen. Hierbei sind jedoch Nachlassverbindlichkeiten von Unterhaltsansprüchen des Verwandten zu erfüllen, wenn dieser auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit gerichtet ist (§ 1613 Abs. 1 BGB). Dasselbe gilt für die Unterhaltspflicht gegenüber dem ungeschiedenen und überlebenden Ehegatten gem. §§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4 S. 4 BGB. Grundsätzlich stellt sich dies auch als interessengerecht heraus, da den Berechtigten als Äquivalent häufig der Pflichtteilsanspruch gegen den Nachlass zusteht.
Rz. 8
Ausnahme: Nachehelicher Ehegattenunterhalt
Für den geschiedenen Ehegatten sieht es aber anders aus. Bis zum Tod des Erblassers hat der geschiedene Ehegatte einen Anspruch auf Ehegattenunterhalt, aber ist nicht pflichtteilsberechtigt i.S.d. § 2303 BGB. Demnach droht ihm ein Anspruchs- und Ersatzverlust. Deshalb hat der Gesetzgeber beschlossen, dass die Unterhaltsverpflichtung des Erblassers gegenüber dem geschiedenen Ehegatten als Nachlassverbindlichkeit auf den Erben übertragen werden soll (§ 1586b Abs. 1 BGB). Es ist auch anwendbar auf Ansprüche, welche auf sog. unselbstständige Unterhaltsvereinbarungen (vertragliche Abreden) beruhen, die den gesetzlichen Anspruch ausfüllen. Aufgrund möglicher anfallender Unterhaltsforderungen kann vor oder nach der Erbteilung das Nachlassinsolvenzverfahren von den einzelnen Miterben beantragt werden, jedoch nur dann, wenn sich eine Überschuldung des Nachlasses ergeben könnte gem. §§ 316 f. InsO. Fraglich bleibt, ob der Tod des Unterhaltsschuldners ein wichtiger Grund i.S.d. § 1585 Abs. 2 BGB ist, aus dem der Unterhaltsgläubiger das Recht bekommt, eine Kapitalabfindung des Unterhalts zu erlangen.
Rz. 9
Dabei ist zu beachten, dass der Erbe nur für den Betrag haftet, der dem Pflichtteil des unterhaltsberechtigten Ehegatten entspricht, wenn die Ehe ohne Scheidung verblieben worden wäre (§ 1586b Abs. 1 S. 3 BGB). Man bezeichnet dies als fiktiven Pflichtteil und stellt den Höchstbetrag der Haftung des Erben dar. Der BGH bezieht in die Berechnung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB auch fiktive Pflichtteilsergänzungsansprüche des Berechtigten gegen den Erben mit ein, vor allem im Hinblick auf unbenannte Schenkungen. Außerdem ist der § 1586b BGB nach § 1933 S. 3 BGB auf den Überlebenden-Unterhalt nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags anwendbar.
2. Zulässigkeit der Abänderungsklage
a) Abänderungsklage der Erben wegen Erreichens der Haftungshöchstsumme
Rz. 10
Der BGH lässt offen, ob das Erreichen des Haftungsbetrags i.H.d. fiktiven Pflichtteils von den Erben des Unterhaltsschuldners im Wege der Vollstreckungsgegenklage oder der Abänderungsklage geltend zu machen ist. Bei einem Fall bejahte der BGH die Zulässigkeit der Abänderungsklage, wenn nämlich der Titel gegen den Erben umgeschrieben wurde und sich der Kläger auf typische Abänderungsgründe beruft.
b) Zulässigkeit der Rechtsnachfolger-Umschreibung eines Unterhaltstitels auf Schuldnerseite
Rz. 11
Bei dem nachehelichen Ehegatten-Unterhaltsanspruch nach §§ 1569 ff. BGB und dem gegen die Erben gerichteten Anspruch des geschiedenen Ehegatten gem. § 1586b BGB wurde lange in der Literatur gestritten, ob es sich um gleiche Ansprüche handelt. Demnach würde der Prozess sich um die gleichen Streitgegenstände drehen. Der BGH hat im Kern entschieden, dass es sich um identische Ansprüche handelt. Damit wurde der jahrelange Streit mit einer Entscheidung gelöst.
3. Zugewinnausgleichsforderung
Rz. 12
Auch für die Zugewinnausgleichsforderung der Ehegatten besteht eine Besonderheit. Hat der überlebende Ehegatte die güterrechtliche Variante gewählt, die zu einer Zugewinnausgleichsforderung führt, wird diese eine Nachlassverbindlichkeit gem. § 1371 Abs. 2, 3 BGB. Die entsprechende Wahl hat Vorrang vor Vermächtnissen und Pflichtteilsansprüchen.