Rz. 40
Bei der Haftung direkt nach der Erbschaftsannahme sind vor allem die Schonungseinreden zu beachten. Zu diesen zählen die Dreimonatseinrede und die Aufgebotseinrede. Hierzu nun im Einzelnen:
1. Dreimonatseinrede
Rz. 41
Durch § 2014 BGB ist der Erbe berechtigt, die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten innerhalb der ersten drei Monate nach der Erbschaftsannahme, also spätestens nach dem Ablauf der Ausschlagungsfrist zu verweigern. Diese Verweigerung gilt jedoch nicht für die Errichtung des Inventars. Die Dreimonatseinrede räumt dem Erben eine Schonungsfrist ein, damit er sich einen Überblick über den Nachlass verschaffen kann. Innerhalb der drei Monate ist der Erbe dazu verpflichtet, die Erbschaft zu ordnen und die Verbindlichkeiten sowie die Berechtigungen der Gläubiger zu prüfen. Die Dreimonatseinrede ist in schriftlicher Form einzulegen.
Rz. 42
Bei einer frühzeitigen Einreichung des Inventarverzeichnisses (§§ 1993 ff. BGB) beim Nachlassgericht, vor dem Ablauf der drei Monate, endet die Schonfrist, da aus diesem Handeln vermutet wird, dass der Erbe sich einen hinreichenden Überblick über den Nachlass verschaffen konnte. Die Dreimonatseinrede ist bei einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung zu empfehlen, weil der Erbe dadurch die Haftung nach § 1978 Abs. 1 BGB vorerst vermeiden kann.
Rz. 43
Um die Einrede erheben zu können, darf der Erbe nicht bereits unbeschränkt haften gem. § 2016 Abs. 1 BGB. Außerdem hat die Dreimonatseinrede keine Wirkungskraft gegen den dinglich gesicherten Gläubigeranspruch gem. § 2016 Abs. 2 BGB. Eine Erhebung der Einrede ist auch nicht möglich, wenn die Ansprüche aus §§ 1963 und 1969 BGB geltend gemacht werden.
2. Einrede der Durchführung des Aufgebotsverfahrens
Rz. 44
Die Einrede der Durchführung des Aufgebotsverfahren ist eine weitere Schonungseinrede gem. § 2015 BGB. Hierbei kann der Erbe die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahren verweigern. Dafür muss aber innerhalb eines Jahres nach der Erbschaftsannahme (§ 455 Abs. 1, 3 FamFG) das Aufgebot der Gläubiger beantragt und vom Gericht zugelassen sein, siehe § 2015 Abs. 1 BGB und § 782 ZPO. Gibt es Grund zur Annahme, dass unbekannte Nachlassverbindlichkeiten bestehen, ist der Erbe verpflichtet, die Haftung nach § 1980 Abs. 2 S. 2 BGB zu vermeiden und das Aufgebotsverfahren geradewegs zu beantragen. Zudem muss der Erbe seine Erbenstellung glaubhaft darlegen können. Es kann nicht vom Erben die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden. Vor der Erbschaftsannahme können auch der Nachlasspfleger und der Nachlassverwalter gem. § 455 Abs. 2 FamFG das Aufgebotsverfahren beantragen. Die Jahresfrist für die Bestellung des Aufgebotsverfahren durch den Nachlasspfleger oder den Nachlassverwalter ist in § 2017 BGB normiert. Der verwaltende Testamentsvollstrecker hat ein Antragsrecht nach der Erbschaftsannahme gem. § 455 Abs. 2 FamFG. Der Erbe hat auch hier die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Nachlassverbindlichkeiten und dessen Umfang zu sichern.
Rz. 45
Ein Miterbe ist berechtigt, das Aufgebotsverfahren zu beantragen, auch wenn dieser unbeschränkt haftet gem. § 460 Abs. 1 S. 1 FamFG. Neben dem Vorerben kann der Nacherbe auch das Aufgebotsverfahren gem. § 461 FamFG beantragen. Bei einem Erbschaftskauf sind der Erbe sowie der Käufer antragsberechtigt, siehe § 463 Abs. 1 S. 1 FamFG. Besteht eine Gütergemeinschaft mit dem Erben und der Nachlass gehört zum Gesamtgut, hat der Erbe auch die Möglichkeit, den Nachlass zu verwalten und ein entsprechendes Aufgebotsverfahren gem. § 462 Abs. 1 FamFG zu beantragen.
Rz. 46
Der Antragssteller hat die Kosten für das Aufgebotsverfahren nach §§ 1970 ff. BGB i.V.m. § 22 Abs. 1 FamFG selbst zu zahlen. Dafür wird eine 0,5 Gebühr berechnet gem. Nr. 15212 Ziff. 3 KV-GNotKG. Dabei stellen die Kosten des Aufgebotsverfahren Nachlassverbindlichkeiten dar.
Die Kosten in der Nachlassinsolvenz können gem. § 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO geltend gemacht werden.
Rz. 47
Das Nachlassgericht fordert die Nachlassgläubiger öffentlich auf, ihre Forderungen beim Nachlassgericht anzumelden. Davon sind auch Gläubiger betroffen, die noch nicht fällige oder bedingte Forderungen geltend machen werden, wie z.B. der Rückgriffanspruch eines Bürgen. Der Erbe, welcher das Aufgebotsverfahren beantragt hat, braucht eine ihm gegen den Nachlass zustehende Forderung nicht anzumelden. Jedoch ist die Meldung bei einer Beantragung des Nachlassverwalters oder Nachlasspflegers erforderlich. Der Nachlass bleibt bei einer Erbengemeinschaft bis zur Teilung als Sondervermögen vom Eigenvermögen des einzelnen Erben getrennt. Ein Erlöschen durch Konfusion der Ansprüche der Erben gegen den Nachlass besteht nicht. Daher sind Miterben, welche Nachlassgläubiger sind, auch vom Aufgebot betroffen. Dieses Prozedere gilt gleichermaßen für einen antragsstellenden Miterben.
Rz. 48
Von dem Aufgebot nicht betroffen sind die in §§ 1971 f. BGB nicht erschöpfend