Rz. 91
Im § 1975 BGB wird die Nachlassverwaltung als besondere Nachlasspflegschaft definiert. Die Nachlassgläubiger werden vom Gesetz aufgrund der Verbindung des Nachlasses und dem Eigenvermögen des Erben als schutzwürdig erachtet. Deswegen wird der Nachlassverwalter nachlassgerichtlich eingeschaltet und beaufsichtigt das Geschehen im Interesse der Nachlassgläubiger.
1. Trennung der Vermögensmassen
Rz. 92
Grundsätzlich besteht bei einer Verbindung des Nachlasses und des Eigenvermögens des Erben immer die Gefahr, dass eine Überschuldung bzw. andere negative Folgen entstehen können. Die Einkünfte aus einem Nachlass sind dem Erben persönlich zuzuschreiben. Aufgrund dieser bestehenden Gefahr räumt das Gesetz dem Erben eine Möglichkeit ein, die Vermögensverschmelzung durch ein amtliches Verfahren wieder zu trennen. Dadurch kann die Haftungsbeschränkung als eine Gütersonderung rechtlich und ordnungsgemäß geschehen. Diese Separierung wird dann auf den Zeitpunkt des Erbfalls umgewandelt.
Rz. 93
Hat der Erbe keine Kenntnis über den Nachlass und dessen Verbindlichkeiten und sorgt sich um eine mögliche Überschuldung, besteht eines der Haftungsbeschränkungsmittel in der Nachlassverwaltung.
Hinweis
Bei einem Nachlassverwalter handelt es sich um einen Inhaber eines privaten Amtes und nicht um einen gesetzlichen Vertreter des Erben (das wäre ein Nachlasspfleger).
Rz. 94
Bei einer Testamentsvollstreckung kann auch eine Nachlassverwaltung angeordnet werden. Dieses Prozedere gilt gleichermaßen bei einer Nachlasspflegschaft. Dadurch, dass die Nachlassverwaltung ihren Zweck der Ermittlung und Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten nachkommen muss, kann sich diese nur auf den gesamten Nachlass beziehen. Sonst wären bei einer Nachlassverwaltung eines Erbteils das Ziel und der Zweck vollkommen verfehlt.
2. Verfahren
Rz. 95
Um eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung herzustellen, braucht es auch ein entsprechendes Verfahren.
a) Zuständigkeit
Rz. 96
Die Nachlassverwaltung wird auf Antrag durch das Nachlassgericht angeordnet. Ein solcher Antrag liegt vor, sobald eine Vermögensmasse vorliegt, die die Kosten deckt gem. § 1982 BGB und wenn kein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wurde gem. § 1988 BGB. Die Beschlussbekanntgabe ist in §§ 40 f. FamFG enthalten.
b) Antragsberechtigte
Rz. 97
Den Antrag zur Nachlassverwaltung können nur bestimmte Berechtigte anordnen.
Zum einen kann der Erbe den Antrag zeitlich unbeschränkt anordnen gem. § 1981 Abs. 2 BGB. Sind Miterben involviert, können diese den Antrag nur gemeinsam stellen gem. § 2062 BGB. Geschieht eine gemeinsame Antragsstellung nicht, kann der Miterbe als Nachlassgläubiger den Antrag stellen und muss die Voraussetzungen eines Nachlassgläubigers erfüllen. Bei einem Nacherben liegt die Antragsberechtigung zeitlich nach dem Eintritt des Nacherbfalls gem. § 2144 Abs. 1 BGB.
Rz. 98
Eine Antragsberechtigung haben auch die Erbeserben nach § 1981 Abs. 1 BGB.
Rz. 99
Nachlassgläubiger haben ein zeitlich und sachlich eingeschränktes Antragsrecht. Sie können innerhalb von zwei Jahren nach der Erbschaftsannahme den Antrag stellen, sofern die Gefahr einer Nichterfüllung der Nachlassverbindlichkeiten gem. § 1981 Abs. 2 BGB besteht. Bei der Antragstellung hat der Gläubiger die Nachlassforderung glaubhaft darzustellen gem. § 31 FamFG. Eine bestrittene Forderung reicht dafür gem. § 1981 Abs. 2 BGB nicht aus. Zudem müssten einige Forderungen von Nachlassgläubigern gefährdet sein und der Grund sich entweder auf das Handeln des Erben oder seiner Vermögenslage beziehen, siehe § 1981 Abs. 2 BGB.
Rz. 100
Auch der Testamentsvollstrecker kann den Antrag analog gem. § 317 Abs. 1 InsO stellen. Des Weiteren besteht auch für den Erbschaftserwerber die Möglichkeit einer Antragsstellung gem. § 2383 BGB.
Hinweis
Eine Antragsberechtigung für den Nachlasspfleger liegt nicht vor, da dieser nicht für die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten und für die Ermöglichung der Haftungsbeschränkung zuständig ist.
c) Rechtswirkung der Anordnung der Nachlassverwaltung
Rz. 101
Durch Eröffnung der Nachlassverwaltung kann der Erbe die Nachlassgläubiger auf den Nachlassverwalter verweisen und somit einen Eingriff in sein Eigenvermögen abwehren. Der Nachlassverwalter sichert dabei eine ordnungsgemäße Ausführung des Nachlasses. Der Eröffnungsantrag einer Nachlassverwaltung kann nicht mehr zurückgenommen werden gem. § 13 Abs. 2 InsO analog. Aufgrund der Eröffnung der Nachlassverwaltung verliert der Erbe etwaige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über den Nachlass, siehe dazu § 1984 Abs. 1 S. 1 BGB und § 80 InsO. Möchte ein Nachlassschuldner nach der Eröffnung mit schuldbefreiender Wirkung an den Erben zahlen, geht dies nun gem. § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mehr. Allgemein bleibt jedoch der Erbe der Rechtsträger des Nachlasses.
d) Rechtsstellung des Nachlassverwalters
Rz. 102
Der Nachlassverwalter ist eine mitwirkende Partei kraft Amtes und wird durch das Nachlassgericht beaufsichtigt gem. §§ 1975, 1961, 1962, 1915, 837 Abs. 1 BGB. Er ist zudem im Prozess gesetzlicher Pr...