Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 196
Diese Kritik resultiert daraus, dass sich die Gesetzesneuerung darauf beschränkt, allein für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung vorzusehen und die entscheidende Voraussetzung für eine solche Haftungsbeschränkung, nämlich das Bestehen eines ausreichenden Versicherungsschutzes für die Partnerschaftsgesellschaft, der Regelung in den Berufsgesetzen dieser Professionen vorzubehalten, anstatt die erforderliche Binnenverfassung einer solchen Partnerschaftsgesellschaft dort zu regeln, wo sie hingehört – nämlich ins PartGG.
Rz. 197
Denn funktional ist die vorgesehene Berufshaftpflichtversicherung nichts anderes als ein garantiertes Mindestkapital der Gesellschaft für die Haftung wegen Berufsausübungsfehlern. Weder das kapitalistische Gesellschaftsrecht noch das Recht der Personengesellschaften sparten bislang die Regelung grundlegender Strukturelemente einer bestimmten Gesellschaftsform aus, um sie dann in Gesetzen außerhalb des eigentlichen zivilrechtlichen Vorschriftenkanons etwa im AktG, GmbHG oder HGB zu regeln. Die nunmehrige Neuerung des PartGG führt zu einer weiteren Zersplitterung des Personengesellschaftsrechts und konterkariert den schon seit Jahrzehnten aus der Wissenschaft zu vernehmenden Ruf nach einer rechtsdogmatisch und für den Rechtsanwender zweifellos begrüßenswerten Vereinheitlichung des Unternehmensrechts.
Rz. 198
Demgegenüber wird zum einen der allgemeine Eindruck eines Sonderrechts für bestimmte Angehörige der Freien Berufe geschaffen, weil nicht nachvollzogen werden kann, dass für außerhalb des Kreises der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer stehende Freiberufler im Sinne des § 1 Abs. 2 PartGG die Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung durch Rechtsformwahl nicht bestehen soll. Zum anderen zeigt der vom Gesetzgeber bei der Neufassung des PartGG eingeschlagene Weg, wesentliche Bestandteile der Gesellschaftsverfassung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung einer Sonderregelung in einzelnen Berufsrechten vorzubehalten, exemplarisch die Schwächen dieses Konzepts auf.
Rz. 199
Dem Gesetzgeber ist es nämlich trotz entsprechender Hinweise der von ihm hinzugezogenen Sachverständigen noch nicht einmal bei der beschränkten Zahl von drei Berufsgruppen gelungen, konsequent durchdachte und aufeinander abgestimmte Vorschriften im Berufsrecht der Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu schaffen; vielmehr hat er – um nur ein herausragendes Beispiel für die Inkonsistenzen des neuen Regelungswerks zu nennen – mit der (unbedachten) Einführung einer Pflichtversicherung auch für "einfache" Partnerschaften von Steuerberatern durch § 67 Abs. 1 StBerG die unterschiedlichen berufsrechtlichen Anforderungen für die gemeinschaftliche Berufsausübung sogar noch ausgebaut, weil "einfache" Partnerschaften von Anwälten keiner Versicherungspflicht unterliegen.