Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 115
Es gibt eine Unzahl von Formerfordernissen, deren Nichtbeachtung nachteilige Folgen haben können.
Rz. 116
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Eine Befristungsabrede, die dem gesetzlich normierten Schriftformerfordernis nicht genügt, ist gem. § 125 S. 1 BGB nichtig mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag nach § 16 S. 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
Rz. 117
Vereinbaren die Parteien vor Vertragsbeginn zunächst nur mündlich die Befristung des Arbeitsvertrags und halten sie die mündlich getroffene Befristungsabrede in einem nach Vertragsbeginn unterzeichneten Arbeitsvertrag schriftlich fest, ist die zunächst mündlich vereinbarte Befristung nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 S. 1 BGB nichtig, sodass bei Vertragsbeginn ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht.
Rz. 118
Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung führt nicht dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht ausreichend, dass ein vor Vertragsbeginn vom Arbeitgeber überlassenes Vertragswerk allein vom Arbeitnehmer unterzeichnet wurde; vielmehr müssen beide Parteien des Arbeitsvertrags die Befristungsvereinbarung vor Vertragsbeginn unterzeichnet haben, um die Unwirksamkeitsfolgen zu vermeiden.
Rz. 119
Wird eine – nach der BAG-Rechtsprechung generell zulässige – Doppelbefristung in Form einer kombinierten Zweck- und Zeitbefristung angestrebt, bei der zu einer kalendermäßigen Befristung auch noch eine Vertragsbeendigung bei Eintritt eines künftigen Ereignisses hinzukommen soll (sog. Zweckbefristung), erfordert dies eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden soll, wobei der Zweck nach § 14 Abs. 4 TzBfG schriftlich vereinbart sein muss. D.h., dass das Ereignis, bei dessen zukünftigen Eintritt der Arbeitsvertrag enden soll, eindeutig benannt sein muss, weil nur über den Zeitpunkt des Eintritts Ungewissheit gestattet ist.
Rz. 120
Das Arbeitsrecht hält auch besondere Prozessförderungspflichten bereit, die sich durch die Möglichkeit zum Stellen eines Antrags auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 9, 10 KSchG ergeben. Zum einen kann dies für einen Arbeitnehmer, der im Verlauf eines Kündigungsrechtsstreits einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat, von Vorteil sein, weil er dann anstelle eines – obsoleten – Prozessgewinns eine Abfindung nach § 10 KSchG erhält. Zum anderen kann durch den Auflösungsantrag auch die Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Mitarbeitern herbeigeführt werden, von denen sich der Arbeitgeber trennen will – gerade wenn keine sonstigen Kündigungsgründe vorhanden sind, muss der Arbeitgeberanwalt diese Option im Auge behalten.
Rz. 121
Veranlasst der Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers, so kann dieser neben dem Verdienstausfall bis zum Ablauf der Frist einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach § 628 Abs. 2 BGB kumulativ auch noch einen Abfindungsanspruch analog §§ 9, 10 KSchG geltend machen.
Rz. 122
Für den auf Arbeitnehmerseite tätigen Anwalt resultiert aus den §§ 9, 10 KSchG – was etwas überraschend anmuten mag – die Pflicht zur Zurückhaltung im Rahmen der (außer-)gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber. Denn es existieren verschiedene Beispiele in der Rechtsprechung, wo Zuspitzungen oder unsachliche Ausführungen der auf Arbeitnehmerseite tätigen Prozessbevollmächtigten von Gerichten zum Anlass für die Annahme genommen wurden, dass das Arbeitsverhältnis infolge dieser Unsachlichkeiten zerrüttet und einem (hilfsweise) gestellten Auflösungsantrag des Arbeitgebers stattzugeben ist.
Rz. 123
Beispiel
Aus dem – zur Rechtfertigung vorgerichtlicher Vergleichsgespräche schriftsätzlich in den Kündigungsschutzprozess eingeführten – Passus "in den Jahren seiner Tätigkeit bei der Beklagten den Umgang innerhalb des Konzerns mit aus sachlich unerfindlichen Gründen von einem Tag auf den anderen in Misskredit geratenen Mitarbeitern kennengelernt hatte" machte das LAG Hamburg in einem nicht veröffentlichten Urt. v. 29.1.2009 eine Erklärung mit "schon beleidigenden Charakter" und gab dem arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag gegen Zahlung einer Abfindung von 22.000,00 EUR statt.
Rz. 124
Daraufhin nahm der ebenso junge wie gutverdienende Arbeitnehmer den Anwalt wegen des mit dem Arbeitsplatzverlust einhergehenden Verdienstausfalls in einer die Existenz des Anwalts beraubenden Höhe in Anspruch. Erst das OLG Hamburg teilte die Einschätzung LAG Hamburg vom 29.1.2009 nicht und wies die Haftpflichtklage ab, weil selbst
Zitat
"aus Sicht auch eines erfahrenen und besonders sorgfältigen Rechtsanwalts nicht davon auszugehen [war], dass der fragliche Text im Schriftsatz der Beklagten vom 15.1.2007 den Auflösungsantrag der Arbeitgeberseite nach § 9 KSchG würde tragen können".