Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 270
Wesentliche Neuerungen, die mit Haftungsrisiken für Rechtsanwälte verbunden sind, sind die Erweiterungen der Auskunftsansprüche für die Berechnung des Zugewinnausgleichs sowie die Pflicht zur Vorlage von Belegen.
Rz. 271
Der Anwalt, der zur Beratung von Scheidungsfolgenvereinbarungen (vgl. auch Rdn 287 ff.), die sich unter anderem auf Zugewinnausgleich (vgl. auch Rdn 304 ff.) beziehen, herangezogen wird, hat das Anfangs- und das Endvermögen der Eheleute zu bestimmen und die sich daraus ergebenden Ausgleichsansprüche zu ermitteln.
a) Auskunft über das Anfangsvermögen
Rz. 272
Der auf Auskunft in Anspruch genommene Ehegatte hat alle Aktiva und Passiva seines ursprünglichen Anfangsvermögens so, wie sie am maßgeblichen Anfangsstichtag, welcher der Beginn der Zugewinngemeinschaft und somit in der Regel der Tag der Eheschließung ist, vorhanden waren, in einer geordneten und übersichtlichen Zusammenstellung im Sinne des § 260 Abs. 1 BGB aufzuführen. Die Verbindlichkeiten, die am Stichtag bestanden haben, sind auch dann aufzulisten, wenn ihnen gar keine oder nur Aktiva von geringerem Wert gegenüberstanden. § 1374 Abs. 1, 3 BGB erkennt als Berechnungselement für den Zugewinnausgleich auch ein negatives Anfangsvermögen an.
b) Auskunft über das Endvermögen
Rz. 273
Im Übrigen muss jeder Ehegatte gem. § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB Auskunft über sein Endvermögen geben, soweit sein Bestand am Ende der Ehe für die Berechnung des Zugewinns wesentlich wird. Voraussetzung ist das Betreiben des Scheidungsverfahrens bzw. des Verfahrens zur vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bei Gericht.
Rz. 274
Es besteht die Pflicht, über das am Stichtag real vorhandene, positive oder negative Endvermögen mit einem alle Aktiva und Passiva geordnet dokumentierenden Bestandsverzeichnis Auskunft zu erteilen. Zu beachten ist, dass auch dann keine Ausnahme von der Pflicht zur vollständigen genauen Zusammenstellung erlaubt ist, wenn die Passiva im Betragswert die Aktiva eindeutig übersteigen. Gem. § 1375 Abs. 1 S. 2 BGB kann ein negatives Endvermögen für die Zugewinnberechnung relevant sein.
c) Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung
Rz. 275
Zum Zeitpunkt der Trennung besteht ebenfalls ein Auskunftsanspruch über das Vermögen. Diesen nicht geltend zu machen bedeutet Haftungsgefahr.
Rz. 276
Voraussetzung für den Anspruch nach § 1379 Abs. 2 BGB ist das Getrenntleben der Ehegatten, vgl. hierzu auch § 1567 BGB. Es ist, um dem Anspruch zu genügen, ein Bestandsverzeichnis über alle real zum Trennungszeitpunkt vorhandenen Aktiva und Passiva zu errichten. Zweck dieses Auskunftsanspruches ist es, unredliche Vermögensverschiebungen zwischen der Trennung der Ehegatten und der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zu vermeiden.
Rz. 277
Zunächst muss der genaue Trennungszeitpunkt ermittelt werden. Ein Abweichen vom genauen Trennungszeitpunkt für den Vermögensstatus, z.B. eine Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt, kann sich je nach Art der Vermögensschwankungen im Einzelfall zugunsten, aber auch zuungunsten des Auskunftspflichtigen auswirken.
d) Auskunft über illoyale Vermögensminderung
Rz. 278
Die Auskunftspflicht erstreckt sich nach § 1379 Abs. 2 BGB auch auf illoyale Vermögensminderungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB als Berechnungselemente des Anfangs-bzw. Endvermögens. Es bedarf jedoch eines Vortrags des Auskunftsberechtigten zu konkreten Tatsachen, die ein unter § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB fallendes Handeln nahelegen.
e) Pflicht zur Vorlage von Belegen
Rz. 279
Zu allen Auskunftsansprüchen gibt es die Pflicht zur Vorlage von Belegen. Wer als Anwalt nicht auf dieser Pflicht verharrt, setzt sich einer erhöhten Haftgefahr aus. Nach den Gesetzesmaterialien besteht die Pflicht zur Vorlage von Belegen nur in dem Umfang, in dem solche Belege noch vorhanden sind.
Rz. 280
Der Anspruch auf Vorlage von Belegen muss – wie auch im Unterhaltsrecht – gesondert bzw. neben einem Auskunftsanspruch geltend gemacht und nach Art und Anzahl der Belege so konkret bezeichnet werden, dass eine Zwangsvollstreckung möglich ist.