Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 304
In einem Rechtsstreit um Zugewinnausgleich hat der Rechtsanwalt die Pflicht gem. der §§ 1373 ff. BGB eine stichtagsgetreue Vermögensbilanz der Ehegatten aufzustellen.
Rz. 305
Stichtag ist seit dem 1.9.2009 dabei nicht die Scheidung, sondern der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehegatten gem. § 1384 BGB. Wenn die Ehe bereits vor dem 1.9.2009 rechtskräftig geschieden wurde, gilt als Stichtag für die Ausgleichsforderung noch die Beendigung der Ehe. Relevant ist nur der jeweilige Vermögensstand der Ehegatten zu diesem Zeitpunkt.
Rz. 306
Vorsicht ist geboten, wenn der Rechtsanwalt den Zugewinnausgleichsanspruch im Wege des Teilantrags geltend macht, denn dann hat er durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass keine Verjährung wegen des nicht rechtshängigen Anspruchsteils eintritt. Die Stufenklage hemmt die Verjährung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich auch dann, wenn im Auskunftsantrag ein falscher Stichtag für das Endvermögen genannt ist. Zu beachten ist allerdings, dass die Auskunftsklage (siehe Rdn 270 ff.) allein, d.h. ohne Erhebung der Stufenklage, die Verjährung für den Zahlungsanspruch nicht unterbricht.
Rz. 307
Zuwendungen unter Ehegatten, die sie einander während der Ehe und des gesetzlichen Güterstands gewähren, werden nach Scheitern der Ehe ausschließlich güterrechtlich ausgeglichen. Nur in Ausnahmefällen, wenn besondere Umstände den güterrechtlichen Ausgleich als nicht tragbare Lösung erscheinen lassen kommt ein Ausgleich über die Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht.
Rz. 308
Eheleute können im Ehevertrag (siehe Rdn 282 ff.) vereinbaren, dass der Zugewinnausgleich anders berechnet werden soll, als es das Gesetz vorsieht, nach welchem jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten die Hälfte des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens verlangen kann. Die Eheleute können bspw. festlegen, dass bestimmte Vermögensgegenstände nicht berücksichtigt werden sollen. Oder sie können beschließen, dass der Berechtigte mit einer pauschalen Summe abgefunden wird. Sie können auch im Vertrag regeln, dass der Berechtigte statt eines Geldbetrags einen Vermögensgegenstand übertragen bekommt. Diese und andere denkbare Vereinbarungen bedürfen aber immer der notariellen Beurkundung. Wurde jedoch im Ehevertrag Gütertrennung vereinbart, so kann bei Scheidung kein Zugewinnausgleich verlangt werden.
Rz. 309
Relevant hierfür sind das Anfangs- und Endvermögen der Eheleute. Zum Endvermögen gehört alles Vermögen, das bei Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehepartner vorhanden ist. Schulden sind abzuziehen. Woher das Vermögen stammt, ist unerheblich. Zum Endvermögen zählt auch das Vermögen, das bereits bei Eheschließung vorhanden war sowie Erbschaften, Schenkungen und Einkommensteuerrückerstattungen.
Rz. 310
Eine Erbschaft wird zum Anfangsvermögen hinzugerechnet. Solange die Erbschaft noch vorhanden ist, gehört sie auch zum Endvermögen. So werden zwischenzeitliche Wertsteigerungen durch den Zugewinn erfasst. Es ist dabei unerheblich, woher der Wertzuwachs kommt. Ein Wertzuwachs kann bspw. daher kommen, dass ein Haus renoviert wurde und somit im Wert gestiegen ist oder aber auch daher, dass Grundstückspreise gestiegen sind. Entscheidend ist immer der sog. Verkehrswert des Vermögensgegenstands. Also der Wert, der als Erlös bei einer Veräußerung unter Ausnutzung aller Marktchancen erzielt werden könnte. So sollte der Anwalt seinen Mandanten aufklären, dass der Lottogewinn eines Ehegatten bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs nicht seinem Anfangsvermögen hinzuzurechnen ist, sondern dem Endvermögen und somit vom Zugewinnausgleich erfasst ist. Einkommensteuerrückerstattungen entstehen mit dem Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres. Von diesem Zeitpunkt an fallen sie in das Endvermögen und zwar in der Höhe, die sich aus dem endgültigen Steuerbescheid ergibt. Auch ist Schmerzensgeld in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.
Rz. 311
Wird zur Sicherung des Zugewinnausgleichsanspruchs ein Arrestgesuch gerichtlich geltend gemacht, so muss der Rechtsanwalt hiervon abraten, wenn er dieses nur auf Vermutungen seines Mandanten stützen kann, denn die Geltendmachung erfordert die konkrete Darlegung und Glaubhaftmachung von Arrestanspruch und Arrestgrund.