Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 205
Das kaum noch verständliche Substrat aus einem guten Dutzend berufsrechtlicher Vorschriften zur Mindestversicherungssumme für allein drei Berufsgruppen würde wahrscheinlich den Umfang dieses Buches sprengen, wenn man auf eine Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH vom 16.5.2013 zur Unvereinbarkeit der bisherigen Assoziierungsvorgaben des § 59a Abs. 1 BRAO mit Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG blickt. Danach können sich Anwälte entgegen den Vorgaben des § 59a BRAO nämlich auch mit Ärzten und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbinden.
Rz. 206
Nachdem durch § 59a Abs. 1 BRAO eine beruflichen Verbindung von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern verboten war, wurde das BVerfG vom BGH mit der Entscheidung vom 16.5.2013 dazu aufgerufen, die Frage zu beantworten, ob § 59a Abs. 1 BRAO in der Fassung vom 12.12.2007 mit Art. 3 Abs. 1, 9 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist. Das BVerfG hat mit Beschl. v. 12.1.2016 festgestellt, dass das Sozietätsverbot in § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO das Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt, soweit es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten eine gemeinschaftliche Berufsausübung mit Ärztinnen und Ärzten oder mit Apothekerinnen und Apothekern im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft untersagt.
Rz. 207
Aufgrund einer Änderung des Gesetzes über die Berufsausübung, die Berufsvertretungen und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Bayern sind zwar die erwähnten dortigen Heilberufsangehörigen nunmehr nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 46 Abs. 1, 51 Abs. 1, 59 Abs. 1 S. 1 und Art. 65 HKaG gesetzlich verpflichtet, sich gegen die aus der Ausübung ihres Berufs ergebenden Haftpflichtansprüche ausreichend zu versichern, es sei denn, dass der Berufsträger in vergleichbarem Umfang, insbesondere im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses, gegen Haftpflichtansprüche abgesichert ist.
Rz. 208
Dabei ist zu bedenken, dass der bayerische Gesetzgeber damit nur die in den jeweiligen Berufsordnungen für die bayerischen Angehörigen der Heilberufe festgelegten Versicherungspflichten aus Gründen des Patienten- und Verbraucherschutzes auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, gleichzeitig jedoch mit der unbestimmten Wendung des "ausreichenden Versicherungsschutzes", der auch noch durch anderweitige Absicherung des Berufsträgers obsolet sein kann, operiert hat.
Rz. 209
Schon an diesem, auf ein Bundesland bezogenem Beispiel zeigt sich eingedenk der Zahl der Bundesländer und der Vielzahl Freier Berufe und entsprechender unterschiedlicher Berufsordnungen die Unbrauchbarkeit des vom Gesetzgeber gewählten Organisationsmodells einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, bei der man die Regelung der zu diesem Zweck vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung nach § 8 Abs. 4 S. 1 PartGG einzelnen Berufsrechten vorbehält.