Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 175
Die Regelung des § 8 Abs. 2 PartGG liefert durch ihren zu unbestimmten Wortlaut keinen sicher eingrenzbaren Rahmen für die Prognose, wann Mitglieder einer Partnerschaft persönlich haften.
Rz. 176
Beispiel
Der BGH hat bspw. die Auffassung gutgeheißen, dass ein erst nach dem maßgeblichen Berufsversehen neu in die Gesellschaft eintretender Partner nach § 130 HGB i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 2 PartGG haftet und sich nicht auf die Haftungsbegrenzungsregel des § 8 Abs. 2 PartGG berufen kann, wenn er in der nämlichen Sache einen Schriftsatz verfasst oder einen Termin wahrgenommen hat. Denn damit war der Partner gem. § 8 Abs. 2 Hs. 1 PartGG "mit der Bearbeitung des Auftrags befasst", auch wenn der Schaden schon vor seinem Beitritt zur Gesellschaft begründet worden war.
Rz. 177
Der BGH stuft § 8 Abs. 2 PartGG als "verschuldensunabhängige Handelndenhaftung“ ein. Freilich darf die zitierte Wendung nicht zur Annahme verleiten, dass die Partnerschaftsgesellschaft und ihre Gesellschafter ohne Rücksicht auf ein Verschulden haften würden."
Rz. 178
Vielmehr kann damit nur schlagwortartig umschrieben werden, dass § 8 Abs. 2 PartGG eine Enthaftungsbestimmung bzw. Haftungsbegrenzungsregelung ist, deren einschränkende Tatbestandsvoraussetzungen ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer schuldhaften und schadensursächlichen Pflichtverletzung beurteilt werden.
Rz. 179
Auf die Pflichtwidrigkeit oder Schadensursächlichkeit von Bearbeitungsbeiträgen kommt es also im Rahmen des § 8 Abs. 2 PartGG nicht an.
Rz. 180
Außerdem kommt es nicht auf ein aktives Tun eines Partners an, um das Haftungsprivileg zu verneinen. Vielmehr kann auch ein Unterlassen einem Partner den Rückgriff auf § 8 Abs. 2 PartGG versperren. Nach der amtlichen Begründung der Vorschrift bedeutet "Befassung" nämlich auch, dass der Partner die Sachbearbeitung "überwacht hat oder dies nach der internen Zuständigkeitsverteilung hätte tun müssen" und dass alle Gesellschafter persönlich haften, "wenn kein Partner “befasst‘"“ war.
Rz. 181
Abgesehen von dem allgemein für die Nichtanwendung von § 8 Abs. 2 PartGG anerkannten Fall, dass die Bearbeitung eines Mandats vollständig an Angestellte delegiert worden war und dann alle Partner haften, ist vom BGH bislang nicht geklärt worden, unter welchen Umständen ein "nach der internen Zuständigkeitsverteilung gebotenes Tun" mit einem Befasstsein gleichzusetzen ist.
Rz. 182
Das OLG Hamm hat – mit zweifelhafter Begründung und obiter dictu – eine solche Gleichsetzung verneint, wenn zumindest ein (Schein-)Partner persönlich hafte, auch wenn der inaktive Partner nach der internen Zuständigkeitsverteilung hätte tätig werden müssen. Da § 8 Abs. 2 PartGG nicht anordnet, dass die akzessorische Haftung der (Schein-)Partner nach § 8 Abs. 1 PartGG entfällt, wenn ein mit der Sache befasster Partner persönlich haftet, und da § 8 Abs. 2 PartGG als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist, sollte man die Annahmen des OLG Hamm nicht als Orientierungspunkt für die Bewertung der Risiken einer persönlichen Haftung als Partner einer Partnerschaftsgesellschaft heranziehen.
Rz. 183
Richtigerweise wird man bei einem Untätigbleiben nur dann zu einer Bejahung des Haftungsprivilegs des § 8 Abs. 2 PartGG kommen dürfen, wenn keine allgemeine Handlungspflicht des Partners bestand oder wenn seine Passivität nicht Ursache für die wegen eines Berufsausübungsfehlers geltend gemachten Schadensersatzansprüche sein kann. Die Darlegungs- und Beweislast trifft insoweit den in Anspruch genommenen passiven Partner, zum einen, weil er grds. für das Vorliegen der Voraussetzungen der ihm günstigen Enthaftungsregelung beweispflichtig ist, zum anderen weil er anders als der betroffene Mandant die Interna der Partnerschaft kennt.