Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 184
Speziell für Anwälte eröffnet sich über die Regeln in § 52 BRAO, § 45b PAO die Möglichkeit einer auf einen bestimmten Höchstbetrag bezogenen Haftungsbegrenzungsvereinbarung nach § 8 Abs. 3 PartGG, weil nach §§ 51, 51a BRAO im Sinne des § 8 Abs. 3 letzter Hs. PartGG eine Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung der Partner oder der Partnerschaft begründet wird. Von einem Gebrauch dieser Option kann Anwälten aber nur abgeraten werden, weil die Bezugsnormen in den Berufsordnungen schon durch den Aufbau der Vorschriften heimtückisch sind.
Rz. 185
Nach dem identischen Wortlaut des ersten Abs. von § 52 BRAO und § 45b PAO kann der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens beschränkt werden, entweder durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme oder durch vorformulierte Vertragsbedingungen für Fälle einfacher Fahrlässigkeit auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht, wobei dies für Berufsausübungsgemeinschaften entsprechend gilt.
Rz. 186
Durch die "Aufmachung" der Vorschriften mit dem Obersatz "Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens beschränkt werden", dem sich in zwei Ziffern unterschiedliche Regeln zu Gestaltungsalternativen anschließen, wird nicht selten übersehen, dass nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit durch vorformulierte Vertragsbedingungen eine Haftungsbegrenzung auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme erfolgen kann.
Rz. 187
Vielfach fehlt in entsprechenden Regelwerken das Attribut "einfach", sodass derartige Klauseln einer Inhaltskontrolle jedenfalls am Maßstab des § 307 BGB nicht standhalten. Selbst wenn den vorformulierten Vertragsbedingungen i.S.d. § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO, § 45b Abs. 1 Nr. 2 PAO ein Wortlaut lege artis zugrunde gelegt wurde, können sich Anwälte nicht sicher fühlen, weil die Haftungsbegrenzung nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit greift:
Rz. 188
Weder von der Rechtswissenschaft noch von der Rechtsprechung sind tauglich Kriterien entwickelt worden, die im Sinne einer belastbaren Prognoseentscheidung eine Aussage zulassen, wann ein Fehlverhalten bloß einfacher, mittlerer oder grober Fahrlässigkeit geschuldet ist.
Rz. 189
Anwälte, die mit derartigen Haftungsbegrenzungsvereinbarungen arbeiten, sind im Konfliktfall also dem "Wohl und Wehe" tatrichterlichen Ermessens bei der Beurteilung ausgeliefert, ob sie in einfacher, mittlerer oder grober Weise fahrlässig gegen anwaltliche Sorgfaltspflichten verstoßen haben, um sich mit Erfolg auf die Haftungsbegrenzung berufen zu können oder auch nicht.
Rz. 190
Aber auch ein Rückgriff auf die Möglichkeit des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO bzw. § 45b Abs. 1 Nr. 2 PAO ist weniger hilfreich. Denn die gesetzliche Forderung nach einer "schriftlichen Vereinbarung im Einzelfall" darf nicht in der Weise fehlverstanden werden, dass mit einem auf ein bestimmtes Mandat zugeschnittenen Schriftstück des Anwalts, das der Mandant unterzeichnet, eine wirksame Haftungsbegrenzungsvereinbarung vorliegt.
Rz. 191
Maßgeblich ist nämlich, dass es zu einer Vereinbarung mit dem über das Für und Wider der Haftungsbegrenzungsvereinbarung aufgeklärten Mandanten kommt, der beim Aushandeln der Vereinbarung auf ihren Inhalt zumindest Einfluss nehmen konnte. Der Anwalt trägt für das Vorliegen derartiger Verhandlungen die Darlegungs- und Beweislast, sodass die Anwälte letztlich auch hier die Risiken der freien tatrichterlichen Würdigung nach § 286 ZPO tragen und nicht sicher sein können, ob ein Gericht eine wirksame Vereinbarung unterstellen wird.
Rz. 192
Praxistipp
Aufgrund der rechtspraktischen Unsicherheiten, welche den § 52 BRAO, § 45b PAO anhaften, kann Anwälten von derartigen Haftungsbegrenzungsvereinbarungen nur abgeraten werden. Sie vermitteln nur eine Scheinsicherheit. Zu beachten ist, dass § 67a Abs. 1 Nr. 2 StBerG, § 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO auf das Tatbestandsmerkmal der auf Fälle einfacher Fahrlässigkeit bezogenen vorformulierten Vertragsbedingungen verzichten und deshalb für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die aufgezeigten Bedenken an AGB-mäßigen Haftungsbegrenzungsvereinbarungen von Anwälten nicht gelten.