Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 193
Aufgrund der beschriebenen Unzulänglichkeiten, welche den § 8 Abs. 2 und 3 PartGG anhaften, wurde das Vorhaben, eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung im deutschen Recht einzuführen und seine Umsetzung durch das am 19.7.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer überwiegend zustimmend aufgenommen. Auf die Vorschrift, die im Berufsalltag bisweilen als "Allheilmittel" gegen die Risiken anwaltlicher Berufsausübung dargestellt wird, soll daher näher eingegangen werden.
aa) Konzeptionelle Unzulänglichkeiten der gesetzlichen Neuerungen
Rz. 194
Tatsächlich hat der Gesetzgeber aber ähnlich wie schon mit der Regelung des § 8 Abs. 2 PartGG nur ein scheinbar praktisch handhabbares und haftungsrechtlich sicheres Modell geschaffen, weshalb sich interessierte Kanzleien genau überlegen sollten, ob sie von dem neuen Organisationsmodell Gebrauch machen wollen. Die Idee der Einführung einer Personengesellschaft mit haftungsbeschränkender Rechtsform für Freiberufler ist sicherlich zu begrüßen, ihre Umsetzung durch das Gesetz vom 15.7.2013 kann jedoch nur als suboptimal bezeichnet werden.
Rz. 195
Denn die aktuelle Reform hat weder eine zeitgemäße Rechtsform für Kanzleien gebracht noch kann sie bei der Konkurrenz der unterschiedlichen nationalen Legislaturen als Meilenstein für das Recht "Made in Germany" bezeichnet werden. Es wäre eher angebracht – um bei dieser an die Wertschätzung für deutsche Industriegüter anknüpfenden Sprachwahl zu bleiben –, von einer unausgereiften Kopie von Produkten des englischen Gesetzgebers zu sprechen.
(1) Unzulänglichkeiten des Nebeneinanders von berufsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Vorgaben
Rz. 196
Diese Kritik resultiert daraus, dass sich die Gesetzesneuerung darauf beschränkt, allein für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung vorzusehen und die entscheidende Voraussetzung für eine solche Haftungsbeschränkung, nämlich das Bestehen eines ausreichenden Versicherungsschutzes für die Partnerschaftsgesellschaft, der Regelung in den Berufsgesetzen dieser Professionen vorzubehalten, anstatt die erforderliche Binnenverfassung einer solchen Partnerschaftsgesellschaft dort zu regeln, wo sie hingehört – nämlich ins PartGG.
Rz. 197
Denn funktional ist die vorgesehene Berufshaftpflichtversicherung nichts anderes als ein garantiertes Mindestkapital der Gesellschaft für die Haftung wegen Berufsausübungsfehlern. Weder das kapitalistische Gesellschaftsrecht noch das Recht der Personengesellschaften sparten bislang die Regelung grundlegender Strukturelemente einer bestimmten Gesellschaftsform aus, um sie dann in Gesetzen außerhalb des eigentlichen zivilrechtlichen Vorschriftenkanons etwa im AktG, GmbHG oder HGB zu regeln. Die nunmehrige Neuerung des PartGG führt zu einer weiteren Zersplitterung des Personengesellschaftsrechts und konterkariert den schon seit Jahrzehnten aus der Wissenschaft zu vernehmenden Ruf nach einer rechtsdogmatisch und für den Rechtsanwender zweifellos begrüßenswerten Vereinheitlichung des Unternehmensrechts.
Rz. 198
Demgegenüber wird zum einen der allgemeine Eindruck eines Sonderrechts für bestimmte Angehörige der Freien Berufe geschaffen, weil nicht nachvollzogen werden kann, dass für außerhalb des Kreises der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer stehende Freiberufler im Sinne des § 1 Abs. 2 PartGG die Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung durch Rechtsformwahl nicht bestehen soll. Zum anderen zeigt der vom Gesetzgeber bei der Neufassung des PartGG eingeschlagene Weg, wesentliche Bestandteile der Gesellschaftsverfassung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung einer Sonderregelung in einzelnen Berufsrechten vorzubehalten, exemplarisch die Schwächen dieses Konzepts auf.
Rz. 199
Dem Gesetzgeber ist es nämlich trotz entsprechender Hinweise der von ihm hinzugezogenen Sachverständigen noch nicht einmal bei der beschränkten Zahl von drei Berufsgruppen gelungen, konsequent durchdachte und aufeinander abgestimmte Vorschriften im Berufsrecht der Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu schaffen; vielmehr hat er – um nur ein herausragendes Beispiel für die Inkonsistenzen des neuen Regelungswerks zu nennen – mit der (unbedacht...