Rz. 8
Der Schädiger hat dem Geschädigten nach § 249 BGB sowohl die unmittelbaren Schäden als auch die Folgeschäden zu ersetzen.
aa) Unmittelbare Schäden und Folgeschäden
Rz. 9
Reparaturkosten für den unfallbeschädigten Pkw (BGH NJW 1976, 1396), die Bergungskosten, die Wertminderung sowie der Wertersatz bei Totalschaden sind z.B. unmittelbare Schäden.
Rz. 10
Sachfolgeschäden sind der Nutzungsausfall, die Mietwagenkosten und die dem Geschädigten entstehenden Rechtsverfolgungskosten, aber auch z.B. der Schaden, der anlässlich der unfallbedingten Kfz-Reparatur durch einen Monteur an dem Fahrzeug fahrlässig verursacht wird.
Rz. 11
Wird ein Unfallverletzter ins Krankenhaus eingeliefert und erleidet er dort durch einen einfachen ärztlichen Behandlungsfehler einen weiteren Gesundheitsschaden, so liegt z.B. ein Personenfolgeschaden vor, den der Schädiger ebenfalls zu ersetzen hat.
Rz. 12
Auch das Abhandenkommen wertvoller Gegenstände aus einem bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeug ist über den Zurechnungszusammenhang dem Unfallschaden zuzurechnen (BGH DAR 1997, 157).
Rz. 13
Beachte
Zur Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität kommen dem Geschädigten keine Beweiserleichterungen zugute (BGH VersR 2004, 118).
bb) Entgangener Gewinn
Rz. 14
Nur klarstellende Funktion hat § 252 BGB, wonach der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn umfasst. Dieser bemisst sich danach, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
Rz. 15
Merke
§ 252 BGB ist somit die materiellrechtliche Grundlage für den Gewinnersatz und ermöglicht dem Gericht über § 287 ZPO die Schätzung der Schadenshöhe.
Rz. 16
Ergänzt wird § 252 BGB im Bereich der unerlaubten Handlung durch § 842 BGB, der festlegt, in welchem Umfang der Schädiger bei Verletzung einer Person hinsichtlich des entgangenen Gewinns ersatzpflichtig ist.
Rz. 17
Die Vorschriften der §§ 843–846 BGB regeln darüber hinaus die Ersatzpflicht hinsichtlich der weiteren Personenschäden.
cc) Immaterielle Schäden
Rz. 18
Nach § 253 Abs. 1 BGB kann eine Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
Rz. 19
Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden (§ 253 Abs. 2 BGB).
Rz. 20
Durch die Neufassung des § 253 BGB durch das Zweite Schadensrechtsänderungsgesetz kann seit dem 1.8.2002 immer Ersatz des immateriellen Personenschadens (Schmerzensgeld) verlangt werden, und zwar nicht nur bei der Verschuldenshaftung nach den §§ 823 ff. BGB, sondern auch in allen Fällen der Gefährdungshaftung (insbesondere § 7 StVG) und der Vertragshaftung (siehe hierzu § 9 Rdn 34 ff.).
dd) Adäquanztheorie
Rz. 21
Der Geschädigte kann nur den adäquat durch die Verletzungshandlung verursachten Schaden ersetzt verlangen (so genannte Adäquanztheorie). Danach sind dem Schädiger besonders eigenartige oder ganz unwahrscheinliche und nach dem regelmäßigen Lauf der Dinge nicht zu erwartende Umstände nicht mehr zuzurechnen.
Rz. 22
Wann ein Schaden einer schädigenden Handlung noch adäquat kausal zugerechnet werden kann, ist in der Rechtsprechung sehr umfangreich behandelt worden. An dieser Stelle kann deshalb kein vollständiger Überblick über die Grenzfälle gegeben werden.
Rz. 23
Zu beachten ist jedoch, dass der BGH eine eher weite Auslegung des adäquat verursachten Schadens vertritt.
Rz. 24
Beispiel
Zwei Fahrzeugführer kommen sich auf einer Landstraße entgegen. Der eine kommt verkehrswidrig auf die Fahrbahn des anderen und zwingt diesen zum Ausweichen, wodurch dieser ins Schleudern gerät und einen Schaden erleidet.
Rz. 25
Auch ohne eine Berührung der Fahrzeuge ist in derartigen Fällen der von dem verkehrswidrig entgegenkommenden Fahrer verursachte Schaden diesem adäquat kausal zuzurechnen (BGH NJW 1971, 1982; 1981, 570; OLG Saarbrücken zfs 1989, 286; OLG Hamm zfs 1996, 444). So wird der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall auch dann noch bejaht, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall noch vermeidbar gewesen wäre (BGH zfs 2003, 334 ff.).
Rz. 26
Ist der Geschädigte durch mehrere Unfälle verletzt worden, kann oft nicht geklärt werden, ob ein verbliebener Dauerschaden auf den einen oder den anderen Unfall zurückzuführen ist. Hier hat der BGH einen Zurechnungszusammenhang angenommen und auch den Schädiger des Zweitunfalls zum Ersatz des Schadens verurteilt (BGH zfs 2002, 121).
Rz. 27
Dagegen hat es der BGH auch für akzeptabel angesehen, wenn der Tatrichter den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang zwischen einem Erstunfall und einem Zweitunfall nach den besonderen Umständen des Einzelfalles verneint (BGH zfs 2004, 255: Der Erstunfall führte zu einer Teilsperrung der Autobahn und anschließende...