1. Allgemeines

 

Rz. 218

Im Gegensatz zur Verschuldenshaftung nach dem BGB enthält das Straßenverkehrsgesetz in § 7 StVG eine reine Gefährdungshaftung. Danach haftet der Halter für den beim Betrieb des Kfz entstandenen Personen- und Sachschaden (§ 7 Abs. 1 StVG). Unter den Begriff des Kfz fallen auch die neuen Elektrokleinstfahrzeuge (z.B. E-Scooter) i.S.d. § 1 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV), nicht jedoch Pedelecs, weil sie nicht als Kfz, sondern als Fahrrad gelten.

Der Halter hat seit dem 1.8.2002 nur die Möglichkeit, sich gem. § 7 Abs. 2 StVG von der Gefährdungshaftung aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs durch den Nachweis zu entlasten, dass der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wurde. Dieser Nachweis kann dem Kfz-Halter praktisch nie gelingen.

 

Rz. 219

Haften der Halter nach § 7 Abs. 1 StVG und der Fahrer nach § 18 StVG – nicht aber auch aus Verschulden nach BGB –, sind die Schadensersatzansprüche durch die Haftungshöchstsummen des § 12 StVG – bzw. beim Transport gefährlicher Güter nach § 12a StVG – begrenzt. Entgegen der früheren gesetzlichen Regelung bis 31.7.2002 wird jetzt auch aus der Gefährdungshaftung des StVG Schmerzensgeld geschuldet (§ 11 S. 2 StVG; siehe § 9 Rdn 25 f.), selbstverständlich auch dort nur bis zu den Haftungshöchstsummen des § 12 bzw. 12a StVG.

2. Voraussetzungen

 

Rz. 220

Voraussetzung einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist, dass bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wurde.

 

Rz. 221

Durch die Neufassung des § 7 StVG im Rahmen des Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes wird eine Halterhaftung nicht mehr nur für den Betrieb eines Kraftfahrzeugs statuiert, sondern auch für den Betrieb eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kfz mitgeführt zu werden. Die Halterhaftung des ziehenden Kraftfahrzeuges besteht somit neben und gesamtschuldnerisch mit der Halterhaftung des Anhängers. Die von der früheren Rechtsprechung zur Halterhaftung des § 7 StVG a.F. entwickelten Grundsätze gelten seit dem 1.8.2002 entsprechend auch für die Halterhaftung des Anhängers.

 

Rz. 222

Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist die Rechtswidrigkeit der Schädigung. Anderenfalls würde auch bei verabredeten und gestellten Unfällen eine StVG-Haftung des Halters des Schädigerfahrzeugs bestehen (Rechtfertigungsgrund der Einwilligung).

a) Halter

 

Rz. 223

Halter eines Kraftwagens ist, wer das Fahrzeug für eigene Rechnung und im eigenen Interesse nicht nur ganz vorübergehend in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt (BGH NJW 1954, 1198; VersR 1978, 233; 1992, 437).

 

Beachte

Der Halter kann, muss aber keineswegs mit dem Eigentümer identisch sein.

 

Rz. 224

Auch die Tatsache, auf wen das Kfz zugelassen oder haftpflichtversichert ist, hat für die Frage der Haltereigenschaft keine ausschlaggebende Bedeutung (BGH VersR 1969, 907; OLG Hamm NJW 1990, 2673).

 

Rz. 225

Wer die Nutzung aus dem Betrieb zieht und die Kosten bestreitet, hat ein Kfz für eigene Rechnung im Gebrauch. Dies ist in erster Linie derjenige, der ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Betrieb des Kfz hat (OLG Hamm DAR 1978, 111).

 

Rz. 226

Derjenige, der lediglich für kurze Zeit oder vorübergehend die oben genannten Voraussetzungen erfüllt (z.B. der Kfz-Mieter), wird dadurch nicht Halter (BGH VersR 1956, 219; 1992, 237). Daraus folgt, dass nicht jedes Überlassen des Fahrzeugs an einen Dritten die Haltereigenschaft beendet, insbesondere dann nicht, wenn der Überlassende hieraus nach wie vor wirtschaftliche Vorteile zieht (beispielsweise bei Miete oder Leihe, BGH NZV 1992, 145).

 

Rz. 227

Bei Urlaubsreise ins Ausland können Vermieter und Mieter gemeinsam Halter sein (OLG Hamm zfs 1990, 165).

 

Rz. 228

Ein Übergang der Haltereigenschaft liegt jedoch immer dann vor, wenn der bisherige Halter für einen nicht unerheblichen Zeitraum die Verfügungsgewalt und damit die Möglichkeit, den Nutzen aus dem Kfz zu ziehen, verliert (BGH zfs 1997, 89).

 

Rz. 229

Bei Leasingverträgen ist daher regelmäßig der Leasingnehmer als Halter anzusehen (BGH NJW 1983, 1492; OLG Köln zfs 1985, 357). Ein Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG des Leasinggebers als Eigentümer gegen den Leasingnehmer als Halter bei einer Beschädigung des geleasten Fahrzeugs besteht allerdings nicht, weil die Halterhaftung nur Schäden abdeckt, die durch den Betrieb des schädigenden Fahrzeugs bei anderen Personen oder anderen Sachen (oder in den Schadensersatzbereich einbezogenen Vermögensbestandteilen) entstehen können (BGH v. 7.12.2010 – VI ZR 288/09 – r+s 2011, 132 = NZV 2011, 179; vgl. Berz/Burmann-Schneider, Kap. 5 C Rn 140).

Zur Zurechnung des Verschuldens des Leasingnehmers als Halter im Rahmen der Haftung des Unfallgegners gegenüber dem Leasinggeber siehe die weiteren Ausführungen in diesem Band (vgl. § 3 Rdn 40 ff.).

b) Betrieb

 

Rz. 230

Eine weitere Voraussetzung der Halterhaftung nach § 7 StVG ist, dass der Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs eingetreten ist.

 

Rz. 231

Der Schaden ist dann beim Betrie...

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