Prof. Dr. Alexander Krafka, Prof. Dr. Sabine Otte
Rz. 71
Die wichtigste Funktion einer Registeranmeldung besteht darin, als Antrag die Eröffnung eines Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu bewirken. Diese formell-rechtliche Wirkung wird zu Recht als Hauptmerkmal der Registeranmeldung angesehen, da sie als verfahrensrechtliche Erklärung ggü. dem Gericht abzugeben ist. Empfänger der Erklärung sind also nicht die ggf. weiteren anmeldenden Personen oder allgemein der Rechtsverkehr.
Rz. 72
Die Bedeutung der Anmeldung besteht jedoch nicht allein in der bloßen Antragstellung. Erschöpfend kann der Gehalt einer Registeranmeldung nur gewürdigt werden, wenn deren Funktion im Verfahren berücksichtigt wird. Diese wiederum ist mittelbar aus der Feststellung der jeweiligen Eintragungsvoraussetzungen abzuleiten. Beispielhaft lässt sich dies anhand der Registereintragungen von Personenhandelsgesellschaften verdeutlichen: Dort bedürfen zwar alle Eintragungen stets der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter (§ 107 Abs. 7 HGB), jedoch ist die Beibringung von Nachweisen über das Bestehen der angemeldeten Tatsachen nicht vorgesehen. Ähnlich verhält es sich mit der Anmeldung des Ausscheidens oder Eintretens von Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft im Zuge des Ablebens eines Gesellschafters, da in diesem Fall die Anmeldung von sämtlichen Erben vorzunehmen ist. Zur Anmeldung verpflichtet sind also grds. auch die Erben, die nicht Rechtsnachfolger des Verstorbenen werden, ohne dass hierfür – neben dem Erbschein (§ 12 Abs. 1 Satz 5 HGB) – ein weiterer Nachweis zu erbringen wäre (s. § 141 Abs. 2 HGB). Der gemeinsame Gedanke, der diesen Regelungen zu entnehmen ist, lässt darauf schließen, dass die in der Anmeldung enthaltenen Erklärungen der Beteiligten im Registerverfahren zugleich als Beweismittel für die angemeldete Tatsache dienen.
Hinweis
Für das Registergericht stellt also die Anmeldung nicht nur den das Verfahren eröffnenden Akt dar, sondern zugleich i.S.e. Plausibilitätserklärung die Darstellung der zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Tatsache. In diesem Sinne wird Registeranmeldungen in der Lit. regelmäßig eine "Doppelnatur" zugeschrieben. Dieses Modell der "Doppelnatur" ändert aber nichts daran, dass die Anmeldung keine rechtsgeschäftliche Erklärung darstellt, weil sie ihre Wirkungen nicht kraft privatautonomer Gestaltung entfaltet, sondern diese vielmehr kraft Gesetzes eintreten.
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Allerdings besteht in der Lit. Einigkeit darüber, dass auf Registeranmeldungen gleichwohl einzelne gesetzliche Vorschriften des Rechts der Willenserklärungen anzuwenden sind. Insb. findet § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB Beachtung, sodass die Registeranmeldung erst mit Zugang bei Gericht wirksam wird. Zuvor ist sie als reines Internum anzusehen. Jedoch bewirkt die Einordnung als Verfahrensantrag, dass Anmeldungen bis zu deren Vollzug frei widerruflich sind, es also keine "Bindungswirkung" für den Anmeldenden gibt. I.Ü. ist anerkannt, dass zwar die Fähigkeit, Anmeldungen in eigener Person vorzunehmen nach den auch verfahrensrechtlich im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuerkennenden Regelungen zur Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) zu beurteilen ist, jedoch aufgrund ihrer Verfahrensbezogenheit eine Anfechtung von Registeranmeldungen nach §§ 119 ff. BGB ausscheidet. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass nach der zutreffend vornehmlich auf den verfahrensrechtlichen Aspekt der Registeranmeldung abstellenden Auffassung des BayObLG die Regelung des § 181 BGB auf Handelsregisteranmeldungen keine Anwendung findet.