Prof. Dr. Alexander Krafka, Prof. Dr. Sabine Otte
Rz. 33
Als vierte und letzte Art der registerlichen Publizität existiert die Möglichkeit, von Rechts wegen lediglich die Hinterlegung von Dokumenten oder Angaben zu verlangen, ohne dass eine Eintragung im Register erfolgt und ohne, dass eine Bekanntmachung über die Einreichung beim Register vorgesehen ist.
a) Beteiligungsverhältnisse einer GmbH
Rz. 34
Der in der Registerpraxis wichtigste Fall dieser Publizitätsart ist die Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse an einer GmbH. So sieht § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG vor, dass die Geschäftsführer bzw. der an der Bestandsveränderung mitwirkende Notar verpflichtet sind, zum Handelsregister eine jeweils aktualisierte Gesellschafterliste einzureichen, aus welcher sich Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnort sowie die Nennbeträge und laufende Nummern der gehaltenen Geschäftsanteile samt Prozentangaben bzgl. der Beteiligungsverhältnisse für die einzelnen Anteile und Gesellschafter ergeben. Die Gesellschafterliste wird sodann zum Sonderband der Registerakte genommen und unterliegt nach § 9 HGB zu Informationszwecken der Einsicht Dritter.
Rz. 35
Für den Rechtsverkehr ist es damit möglich, die Entwicklung des Gesellschafterbestands einer GmbH lückenlos nachzuvollziehen. Allerdings ist zu bedenken, dass weder eine registerliche Eintragung noch eine entsprechende öffentliche Bekanntmachung erfolgt. An den Inhalt der Gesellschafterliste knüpft allerdings die Folge des § 16 Abs. 1 GmbHG, sodass im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter gilt, der hinsichtlich seiner Beteiligung in der im Handelsregister aufgenommenen Liste eingetragen ist. Zudem dient die Gesellschafterliste i.R.d. § 16 Abs. 3 GmbHG als Rechtsscheinträger.
b) Wirtschaftliche Neugründung von Kapitalgesellschaften
Rz. 36
Einen weiteren Fall der Einreichung ohne Eintragung im Register und ohne Bekanntmachung hat im Jahr 2003 der BGH im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung unter Berufung auf eine analoge Anwendung der Gründungsvorschriften für Kapitalgesellschaften geschaffen (bereits Ende 2002 hatte derselbe Senat über die Frage der Kapitalausstattung von GmbH entschieden, die als "offene Vorratsgesellschaften" gegründet und anschließend im Wege der wirtschaftlichen Neugründung mit einem Unternehmen ausgestattet werden). Die Rspr. sieht danach vor, dass auch "leere Mantelgesellschaften", also solche, die nach einer unternehmerischen Tätigkeit zwischenzeitlich inaktiv geworden sind und deren Stammkapital verbraucht ist, die Reaktivierung durch Ausstattung mit einem neuen Unternehmen ggü. dem Registergericht als "wirtschaftliche Neugründung" offenzulegen haben.
Hinweis
Unterbleibt eine derartige Publizierung, so haften die handelnden Personen nach Auffassung des BGH entsprechend § 11 Abs. 2 GmbHG und diejenigen Gesellschafter, die dem erneuten Geschäftsbeginn zugestimmt haben, nach den Regeln der Differenzhaftung.
Abgerundet wird dieses Konzept der wirtschaftlichen Neugründung durch die entsprechende Anwendung der Gründungsvorschriften, sodass die Geschäftsführer neben der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung zugleich entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG zu versichern haben, dass das Stammkapital wie bei einer Neugründung vorhanden ist.
Rz. 37
Anzumerken bleibt, dass der durch den BGH eingeschlagene Weg zwar kraft geltenden Rechts möglich, gleichwohl aber nicht befriedigend ist. Wie die Einordnung i.R.d. Darstellung dieses Abschnitts zeigt, geht der Senat davon aus, dass die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung nur ggü. dem Registergericht zu erfolgen hat. Eine Registereintragung oder Bekanntmachung erfolgt nicht. Dritten bleibt es daher selbst überlassen, ggf. durch Einsichtnahme in die Registerakten festzustellen, ob eine wirtschaftliche Neugründung vorliegt, da sie dies grds. weder dem Registerinhalt noch den Bekanntmachungsblättern entnehmen können. Zwar kann die Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstandes unter gleichzeitiger Auswechslung der Geschäftsführer ein Indiz für eine wirtschaftliche Neugründung sein. Um begrifflich zwingende Tatbestandsmerkmale handelt es sich hierbei indes nicht. Der durch den BGH vorgesehene Ausgleich dieser fehlenden nach außen wirkenden Publizität durch die persönliche Haftung der beteiligten Geschäftsführer und Gesellschafter ist dagegen fragwürdig, zumal der Wert der Haftung stets von der Solvenz der Haftenden abhängt. In diesem Sinne bleibt es dabei, dass eine angemessene Lösung des Problems der Mantelgesellschaften dem Gesetzgeber überlassen bleibt.