Rz. 75

Die Bearbeitung des Posteingangs einschließlich der Fristen- und Terminspost ist von einer ausgebildeten Fachkraft auszuführen. Dabei muss es sich um eine erfahrene Fachkraft handeln. Keinesfalls ist diese Tätigkeit Auszubildenden oder Kollegen, die die Ausbildung gerade abgeschlossen haben, zu übertragen.

 

Rz. 76

Fristen- und Terminspost ist, wie in Rdn 15 aufgeführt, gesondert von der anderen Post zu trennen und sofort, mit Vorlage der Akte zu bearbeiten. Ohne Akte sind keine Termine und Fristen zu notieren, es sei denn, dass es sich dabei um nicht aktenbezogene Frist- und Terminspost handelt oder um "ungeklärte" Post, die ebenfalls Termine und Fristen enthalten kann.

1. Fristen

a) Allgemeines

 

Rz. 77

Im Hinblick auf die Ermittlung, Berechnung und Notierung von Fristen muss zunächst eine Arbeitsanweisung erfolgen, welche Fristen von dem Fristensachbearbeiter ermittelt, berechnet und notiert werden und welche Fristen von dem RA zu ermitteln und zu berechnen sind.

 

Rz. 78

Zu unterscheiden ist dabei zwischen den in Ihrer Kanzlei gängigen Fristen und den Fristen, die in Ihrer Kanzlei demzufolge unüblich sind.

 

Beispiel:

RA R hat sich auf strafrechtliche Mandate spezialisiert. Er vereinbart regelmäßig mit seinen Mandanten Vergütungsvereinbarungen. In einem Ausnahmefall war RA R für einen Mandanten in einer zivilrechtlichen Angelegenheit tätig. Das Gericht hat den Streitwert durch Beschluss festgesetzt. Gegen diesen Beschluss beabsichtigt RA R sofortige Beschwerde einzulegen.

Bei dieser Frist (sofortige Beschwerde) dürfte es sich um eine nicht übliche Frist handeln. In diesem Fall ist die Frist von dem RA zu ermitteln und zu berechnen. Ob und inwieweit "unübliche Fristen" vorab von dem Posteingangs- und Fristensachbearbeiter zu ermitteln, berechnen und notieren sind und eine gesonderte Prüfung durch den RA zu erfolgen hat oder ob diese Post unverzüglich dem RA vorgelegt werden muss, ist in einer Arbeitsanweisung festzuhalten. In jedem Fall muss der RA die Ermittlung und Berechnung der Frist vornehmen.

Bei den Fristen in strafrechtlichen Verfahren dürfte es sich gem. dem o.g. Fallbeispiel dagegen um übliche Fristen handeln.

 

Rz. 79

 

Praxistipp:

Es ist zu empfehlen, dass der RA gemeinsam mit dem Fristensachbearbeiter eine Liste der gängigen bzw. üblichen Fristen erstellt.

b) Arbeitsanweisung Posteingang mit üblichen Fristen

aa) Ermittlung der Fristen

 

Rz. 80

Die üblichen Fristen sind von der Posteingangsbearbeiterin, die gleichzeitig Fristensachbearbeiterin ist, unter Verwendung der "Üblichen Fristenliste" zu ermitteln.

Bei nicht üblichen Fristen ist die Akte dem RA vorzulegen, mit einem deutlich gekennzeichneten Zusatz "Achtung, Prüfung/Ermittlung unüblicher Frist". Die Ermittlung und Berechnung der Frist erfolgt sofort durch den RA oder seinen Vertreter. Die Akte ist der Fristensachbearbeiterin nach Berechnung der Frist zwecks Notierung der Frist umgehend vorzulegen.

bb) Reihenfolge der Notierung von Fristen

 

Rz. 81

Nach der Ermittlung der üblichen Frist, ist diese in der nachfolgenden Reihenfolge wie folgt zu notieren:

1. Notieren der Frist im Papierkalender unter Angabe der Aktenbezeichnung und Aktennummer. Die Frist ist zu benennen (z.B. Berufung, sofortige Beschwerde usw.). Das Handzeichen des Fristenbearbeiters ist anzugeben.
2. Notfristen, Ausschlussfristen und Berufungsbegründungsfristen sind mit einem roten, wasserfesten Stift im Papierkalender zu notieren. Alle anderen Fristen sind mit einem schwarzen/blauen, wasserfesten Stift zu notieren.
3. Bei Notfristen, Ausschlussfristen und Berufungsbegründungfristen sind zudem angemessene Vorfristen zu ermitteln, zu berechnen und notieren.
4. Notieren der Frist im elektronischen Kalender.
5. Nach dem Notieren der Frist im elektronischen Kalender ist ein Fristenzettel auszudrucken und die Akte abzuheften.
6. Notieren der Frist auf dem Handaktenvorblatt.
7. Notieren der Frist auf dem Schriftstück, in dem die Frist mitgeteilt ist.
 

Hinweis:

Auf dem Schriftstück ist zudem das Handzeichen des Mitarbeiters mit dem Vermerk "not." (notiert) anzugeben. An dieser Stelle ist anzumerken, dass dies nicht der letzte Schritt sein muss, sie können auf dem Schriftstück als erstes die Frist ermitteln und notieren und, wie oben ausgeführt, die weiteren Notierungen der Fristen vornehmen.

c) Arbeitsanweisung Fristen/Termine bei Terminsprotokollen

 

Rz. 82

In vielen Terminen wird dem RA ein Terminsprotokoll ausgehändigt. In diesem Protokoll können Fristen und Termine enthalten sein.

In solchen Fällen ist eine Arbeitsanweisung zu treffen, wie zu verfahren ist. So könnte die Reihenfolge der Arbeitsschritte z.B. wie folgt aussehen:

1. Der RA muss die Akte der Posteingangs- und Fristenbearbeiterin sofort vorlegen.
2. Die Posteingangs- und Fristensachbearbeiterin prüft das Protokoll auf vorhandene Fristen und Termine, ermittelt und berechnet diese und notiert diese, wie bereits ausgeführt.
3. Nach der Notierung der Fristen/Termine erfolgt die Vorlage an den RA zur weiteren Bearbeitung.

d) Arbeitsanweisung Posteingang bei "versteckten" Fristen

 

Rz. 83

Ein besonderes Augenmerk muss auf "versteckte Fristen" gerichtet sein. Akten mit "versteckten Fristen" müssen einer täglichen Kontrolle unterliegen.

 

Beispiel für eine "versteckte Frist"

In einem zivilrechtlichen Verfahr...

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