Rz. 666
Mit Eintritt der Volljährigkeit endet die elterliche Sorge im Rechtssinne und als Teil hiervon die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes (§§ 1626, 1631). Zugleich tritt an die Stelle des entfallenen Betreuungsbedarfs ein erhöhter Barunterhaltsbedarf. Nunmehr besteht nach dem Gesetz kein rechtfertigender Grund mehr, weiterhin nur den bislang allein barunterhaltspflichtigen Elternteil mit dem nunmehr insgesamt in Form einer Geldrente zu entrichtenden Unterhalt zu belasten, wenn auch der andere Elternteil über Einkünfte verfügt, die ihm die Zahlung von Unterhalt ermöglichen. Die Grundlage für eine Gleichbewertung von Betreuungs- und Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2) ist ohne Rücksicht darauf entfallen, ob im Einzelfall etwa ein volljähriges Kind weiter im Haushalt eines Elternteils lebt und von diesem noch gewisse Betreuungsleistungen erhält.
Rz. 667
Die in § 1606 Abs. 3 Satz 2 geregelte Gleichstellung von Bar- und Betreuungsunterhalt gilt jedoch nur für minderjährige Kinder. Nur diesen gegenüber erfüllt der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht in der Regel durch Pflege- und Erziehungsleistungen. Auch gegenüber privilegierten volljährigen Kindern sind demzufolge beide Elternteile grundsätzlich barunterhaltspflichtig. Der Bedarf des privilegiert volljährigen Kindes ergibt sich aus der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle.
Rz. 668
Bezüglich des Bedarfs eines volljährigen Kindes ist zu unterscheiden, ob es noch im Haushalt seiner Eltern/eines Elternteils lebt oder ob es einen eigenen Hausstand hat.
a) Kind im Haushalt seiner Eltern/eines Elternteils
Rz. 669
Für volljährige, auch gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 privilegierte Kinder (bis max. 21 Jahre), die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, ist der Bedarf anhand der Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln. Die Lebensstellung des Kindes, also sein angemessener Unterhaltsbedarf, bestimmt sich nunmehr nicht mehr allein nach dem Einkommen des früher allein barunterhaltspflichtigen Elternteils, sondern nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile, die beide anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen für den nunmehr erhöhten Barunterhalt des Kindes haften (§ 1606 Abs. 3 Satz 1). Auch wenn das Kind noch bei einem Elternteil lebt, beeinflussen die Einkommen beider Eltern regelmäßig die Lebensstellung des Kindes, wobei überobligatorisch erzielte Einkünfte nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen sind. Die Sicherung des Existenzminimums ist für volljährige Kinder durch eine entsprechende Bedarfsbemessung nach der ersten Einkommensgruppe in der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle sicherzustellen.
b) Volljähriges Kind mit eigenem Hausstand
Rz. 670
Der Lebensbedarf volljähriger Schüler, Auszubildender und Studenten mit eigenem Hausstand ist nach festen Regelbedarfssätzen nach den in den einzelnen OLG-Bezirken herangezogenen Tabellen/Leitlinien zu bemessen.
Rz. 671
Praxistipp
Ein eigener Hausstand des volljährigen Kindes liegt auch vor, wenn es bei den Großeltern lebt.
Rz. 672
Der Bedarf erhöht sich um die Beiträge zur (privaten) Kranken- und Pflegeversicherung. Dieser Festbetrag deckt den gesamten Bedarf des Kindes ab, insb. Verpflegung, Wohnung, Fachliteratur und Fahrten zum Studienort, nicht aber Studiengebühren. Letztere stellen im Gegensatz zu den Semesterbeiträgen unterhaltsrechtlich Mehrbedarf dar.
Rz. 673
Der Unterhaltsbedarf eines volljährigen behinderten Kindes mit eigenem Hausstand entspricht dem notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen bzw. nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners, ist aber nicht mit dem Bedarf nach §§ 43 ff. SGB XII (Grundsicherungsleistungen) identisch.
c) Überdurchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse der Eltern/Konkrete Bedarfsbemessung
Rz. 674
Es gibt zwar grundsätzlich keine festgeschriebene Obergrenze für den Kindesunterhalt. Dennoch sind die Einkommensgruppen der Tabellen nach oben begrenzt: Für ein 5.101 EUR übersteigendes Nettoeinkommen verweist die DT auf die...