Rz. 779
Die Rücksichtnahme auf den/die Unterhaltsschuldner gebietet es aber auch, dass sich das Kind über seine geänderten Ausbildungspläne mit dem/den Unterhaltsschuldner/n verständigt. Es muss daher jegliche Wechsel während der Ausbildung mit seinen Eltern beraten (§ 1618a), insb. die Gründe für den Abbruch der derzeitigen Ausbildung wie auch die Perspektiven der nachfolgenden Ausbildung schlüssig und nachvollziehbar darlegen, und versuchen, sich über die geänderten Ausbildungspläne mit den Eltern zu verständigen. Geschieht dies nicht, kann weder eine Überlegungs- noch eine Erfahrungsphase zugebilligt werden.
Rz. 780
Der Wechsel des Ausbildungsziels ist unbedenklich, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruht und andererseits unter Berücksichtigung der gesamten Umstände den unterhaltspflichtigen Eltern wirtschaftlich zumutbar ist. Die schutzwürdigen Belange der Eltern gebieten es, dass sie sich möglichst frühzeitig darauf einrichten können, wie lange die Unterhaltslast andauern wird. Für die Annahme eines hinreichenden Grundes kann etwa der Umstand sprechen, dass zwischen der abgebrochenen und der angestrebten Ausbildung ein sachlicher Zusammenhang besteht. Wirtschaftlich zumutbar ist der Wechsel des Ausbildungsziels aber auch dann, wenn sich dadurch aus der Sicht der Eltern die Ausbildungszeit nicht unzumutbar verlängert. Ein Wechsel der Ausbildung wird daher umso eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet. Abzustellen ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls. So soll kein zum Wegfall der Unterhaltspflicht führender Obliegenheitsverstoß vorliegen, wenn ein Unterhaltsberechtigter nach drei regulären Semestern das Studium wechselt oder der Unterhaltsberechtigte vor Beginn des ersten Studiums für ein Semester in einem anderen Studienfach eingeschrieben war, wenn die Immatrikulation noch während des laufenden Schuljahrs, also nicht zum regulären Schuljahresabschluss, sondern anlässlich eines "vorgezogenen Abiturs" erfolgte.
Rz. 781
Praxistipp Auslandsstudium
Auch der Ausbildungsort darf unabhängig davon, ob sich dadurch die Regelstudienzeit verlängert, gewechselt werden, wenn dies die fachliche Qualifikation verbessert und dadurch die Berufsaussichten steigen. Ein Auslandsstudium kann für die Ausbildung förderlich sein, so dass damit verbundene Verzögerungen der Ausbildung ebenso hinzunehmen sind wie begründeter erhöhter Bedarf des Studenten, wenn und soweit sich der Mehrbedarf im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit und in den Grenzen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die Eltern hält. Dies gilt auch für Auslandssemester, die im Inland anerkannt werden, etwa bei einem Jurastudium im Hinblick auf das Recht der EG.