Rz. 931

Der Auffangtatbestand begrenzt bei bestimmten Fallgestaltungen als negative Billigkeitsklausel einen bestehenden Unterhaltsanspruch.[1286] Gem. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 setzt die Verwirkung wegen einer schweren Verfehlung ein Verschulden des Unterhaltsberechtigten voraus. Es reicht nicht aus, wenn er in einem natürlichen Sinn vorsätzlich gehandelt hat.[1287]

 

Rz. 932

Über eine schwere Verfehlung des Unterhaltsgläubigers gegen den Unterhaltsschuldner oder einen seiner nahen Angehörigen hinaus ist daher eine umfassende Abwägung aller maßgebenden Umstände des jeweiligen Einzelfalles erforderlich, die auch das eigene Verhalten des Unterhaltsschuldners angemessen berücksichtigt.[1288]

 

Rz. 933

 

Praxistipp

Bei der Billigkeitsabwägung im Rahmen der Unterhaltsverwirkung nach § 1611 BGB ist der Umstand, dass das unterhaltsberechtigte, volljährige Kind sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, besonders zu berücksichtigen.[1289]

 

Rz. 934

Ein Fall der vorsätzlichen schweren Verfehlung ist die Verweigerung jeglichen Kontakts mit dem Unterhaltsschuldner. Ob und unter welchen Voraussetzungen die mangelnde Bereitschaft eines volljährigen Kindes zum persönlichen Umgangskontakt mit dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil als vorsätzliche schwere Verfehlung i.S.v. § 1611 Abs. 1 anzusehen sein kann, hängt von einer differenzierten Betrachtung und Bewertung der Entwicklung dieser Beziehung ab, wobei auch im Zusammenhang mit der Trennung und Scheidung der Eltern stehende Umstände zu berücksichtigen sind.[1290]

[1286] OLG Frankfurt FamRZ 1993, 1241.
[1290] OLG Frankfurt FamRZ 1993, 1241.

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