Rz. 741
Der Begriff Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG ist nicht einheitlich zu verstehen, sondern erfährt eine unterschiedliche Auslegung entsprechend dem gesetzlichen Zusammenhang, in den er gestellt ist. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen hierbei alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme muss nicht in einer Ausbildungsordnung oder Studienordnung vorgeschrieben sein. Die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern ist auch dann gemindert, wenn sich Kinder unabhängig von vorgeschriebenen Studiengängen in Ausbildung befinden und von ihren Eltern unterhalten werden.
Rz. 742
Die Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres ist grundsätzlich keine Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG, wenn sie nicht der Vorbereitung auf eine konkret angestrebte Berufsausbildung dient, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl. Daraus folgt in der Regel, dass das Warten auf den Beginn des freiwilligen Dienstes regelmäßig nicht gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG kindergeldbegünstigt ist. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres grundsätzlich keine Berufsausbildung darstellt. Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein solcher freiwilliger Dienst im Einzelfall auch der Vorbereitung auf ein konkretes Berufsziel, z.B. den Beruf des Sozialarbeiters, dient und auch einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt rechtfertigen kann, zumindest, wenn das freiwillige Jahr als Voraussetzung für die nachfolgende Berufsausbildung gefordert wird.
Rz. 743
Praxistipp
Die Vorbereitung auf die Abiturprüfung für Nichtschüler stellt hingegen grundsätzlich eine Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG dar.
Rz. 744
Eine Vollzeiterwerbstätigkeit steht der Annahme einer Berufsausbildung dann nicht entgegen, wenn das volljährige Kind die Berufsausbildung trotz der Erwerbstätigkeit ernsthaft und nachhaltig betreibt. Daher rechnet ein ernsthaft betriebenes Hochschulstudium auch während der Semesterferien zur Berufsausbildung, selbst wenn die Ausbildung in dieser Zeit weniger intensiv betrieben wird, jedenfalls dann, wenn das Studium danach mit der erforderlichen Nachhaltigkeit fortgesetzt werden soll.