Rz. 645

Grundsätzlich erfolgt die Bedarfsermittlung eines in Deutschland ansässigen Unterhaltsgläubigers nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle, die den Lebensbedarf ausgehend von der Lebensstellung der Eltern des minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kindes darstellt. Allerdings können die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Unterhaltsgläubigers sowohl nach oben als auch nach unten – erheblich – abweichen. Die Abweichung von den deutschen Tabellenbeträgen wird durch den Vergleich der Verbrauchergeldparität und dem Devisenkurs dargestellt.[845] Daneben können für die Ermittlung des Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" herangezogen werden.[846]

 

Rz. 646

Zuerst ist also das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Unterhaltsschuldners und der sich hieraus ergebende Bedarf eines in Deutschland lebenden Kindes gemäß der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln. Dieser Betrag ist nach dem konkreten ausländischen Aufenthaltsort des Unterhaltgläubigers prozentual zu erhöhen oder zu vermindern. Die prozentuale Veränderung ergibt sich aus dem Vergleich der Verbrauchergeldparität und dem Devisenkurs.

 

Rz. 647

 

Beispiele

Aufenthalt in der Türkei: Abschlag um ⅓.[847]
Aufenthalt in Russland: Abschlag um ⅔.[848]
Aufenthalt in Tschechien: Abschlag um ⅔.[849]
Aufenthalt in den USA: kein Abschlag, keine Erhöhung.[850]
 

Rz. 648

Die Erhöhung des Bedarfs kann z.B. für den Wohnort Schweiz in Betracht kommen.

 

Rz. 649

 

Praxistipp

Der anwaltliche Vertreter des in Deutschland ansässigen Beteiligten muss also bei der Bemessung entweder des Selbstbehalts oder des Bedarfs die konkrete Höhe anhand der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums oder der Verbrauchergeldparität im Zusammenspiel mit dem Devisenkurs ermitteln.

Welche Methode vorzuziehen ist, soll im Einzelfall zu entscheiden sein,[851] sodass in vergleichender Anwendung beider Methoden das für den Mandanten bessere Ergebnis zu ermitteln und zu vertreten ist. Die vorgenannten Beispiele aus der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung können als Orientierungshilfe dienen.

[845] Dose/Dose, § 9 Rn 38 ff. mit Berechnungen, Tabellen u.w.N.
[847] OLG München FamRZ 2002, 55.
[848] OLG Koblenz FamRZ 2002, 56; OLG Zweibrücken FamRZ 2004, 729.
[849] OLG München FamRZ 1998, 857.

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