Rz. 890

Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird auch durch seine Erwerbsfähigkeit und seine Erwerbsmöglichkeiten bestimmt.[1239] Sofern er über keine oder zu geringe Einkünfte verfügt, um den geschuldeten Unterhalt zu bedienen, trifft ihn die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, die ihm möglichen und zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitskraft optimal einzusetzen.[1240] Kommt der Unterhaltsschuldner dieser Obliegenheit unterhaltsbezogen leichtfertig und vorwerfbar nicht nach, werden ihm solche Einkünfte – fiktiv[1241] – als unterhaltsrechtliches Einkommen angerechnet, die er unterhaltsbezogen verantwortungslos nicht bezieht.[1242]

 

Rz. 891

Die Zurechnung fiktiver Einkünfte bedingt neben den fehlenden subjektiven Erwerbsbemühungen (unterhaltsbezogen leichtfertig) des Unterhaltsschuldners in objektiver Hinsicht, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflicht erforderlichen Einkünfte vom Unterhaltsschuldner überhaupt erzielt werden können.[1243] Der Unterhaltsschuldner muss entsprechende Bemühungen um eine Arbeitsstelle an den Tag legen, die in der Regel durch eine ausreichende Anzahl von Bewerbungen zu dokumentieren sind.[1244]

 

Rz. 892

 

Praxistipp

Grundsätzlich genügt der Unterhaltsschuldner seiner Erwerbsobliegenheit, wenn er einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht, wobei die Überstundenvergütung dem Einkommen hinzuzurechnen ist, wenn sie berufstypisch sind oder in nur geringfügigem Umfang anfallen.

[1239] BGH FamRZ 2003, 1471; FamRZ 1996, 345.
[1240] Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 244.
[1241] OLG Brandenburg FamRZ 2001, 37; FamRZ 2004, 483 (Ls.); OLG Hamm FamRZ 2001 559, OLG Naumburg FamRZ 2004, 254.
[1242] Weinreich/Eder, § 1603 Rn 132; Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 244.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge