Rz. 570
Die elterliche Unterhaltsbestimmung ist nach § 1612 Abs. 2 Satz 1 nur wirksam, sofern die Eltern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen haben. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bestimmung nicht wirksam ist, verbleibt es bei dem Grundsatz der Barunterhaltspflicht gem. § 1612 Abs. 1 Satz 1.
Rz. 571
Eine wirksame Unterhaltsbestimmung setzt zunächst voraus, dass der Unterhaltsschuldner die eigene Unterhaltspflicht als zutreffend anerkannt hat. Im Übrigen ist sie nur dann wirksam getroffen, wenn sie
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nicht rechtsmissbräuchlich ist, |
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den gesamten Lebensbedarf des Kindes umfasst, |
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aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auch erreichbar bzw. durchführbar ist, |
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für den anderen Elternteil und/oder das Kind zumutbar ist. |
aa) Rechtsmissbräuchliche Unterhaltsbestimmung
Rz. 572
Die Unterhaltsbestimmung ist bereits unwirksam, wenn sie rechtsmissbräuchlich erfolgt.
Rz. 573
Praxistipp
Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Eltern zwei Jahre lang den Auszug des Kindes hingenommen und keine Gründe dafür dargelegt haben, warum sie nunmehr die Rückkehr des Kindes nach Hause verlangen.
bb) Umfang des Angebots zur Leistung von Unterhalt
Rz. 574
Eine wirksame Unterhaltsbestimmung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, also im Rahmen eines Gesamtkonzepts alle notwendigen einzelnen unterschiedlichen Leistungen anbieten. Sie muss daher grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf des Kindes umfassen, insb. Unterkunft, Verpflegung, Taschengeld und Geldleistungen für zweckgebundene Ausgaben. Ein allgemeines Angebot von Kost und Logis genügt nicht. Erbringt der Unterhaltsschuldner teilweise Naturalunterhalt, lässt er aber die Art der Erfüllung der Unterhaltspflicht im Übrigen offen, liegt darin keine wirksame Unterhaltsbestimmung. Hat der unterhaltspflichtige Vater erklärt, das volljährige Kind könne bei ihm wohnen, liegt darin eine unvollständige Unterhaltsbestimmung.
Rz. 575
Ausnahmsweise kann bestimmt werden, dass der Unterhalt zu einem abgrenzbaren Teil in Natur und im Übrigen durch die Überlassung von Geldbeträgen gewährt wird. Bei der Prüfung, ob im Einzelfall eine den oben dargestellten Anforderungen gerecht werdende Bestimmung der Unterhaltsgewährung vorliegt, sind die allgemeinen Grundsätze zu berücksichtigen, die für die Ermittlung des Erklärungsinhalts empfangsbedürftiger Willenserklärungen gelten, wobei nicht nur das wörtlich oder schriftlich Erklärte, sondern das Gesamtverhalten des Erklärenden und alle Begleitumstände zu berücksichtigen sind.
cc) Erreichbarkeit des Unterhalts
Rz. 576
Eine Unterhaltsbestimmung der Eltern ist nur dann wirksam, wenn sie aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen erreichbar und durchführbar ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Leistung des Unterhalts in der bestimmten Art unmöglich oder unmöglich geworden ist, etwa wenn die von beiden Eltern vereinbarte Regelung durch einseitige Loslösung des mit dem Naturalunterhalt belasteten Elternteils praktisch nicht mehr verwirklicht werden kann.
dd) Unzumutbarkeit der Unterhaltsbestimmung
Rz. 577
Eine einseitige Unterhaltsbestimmung ist unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten unwirksam, wenn sie schutzwürdige Belange des Kindes und/oder des anderen Elternteils berührt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das minderjährige Kind beim anderen Elternteil wohnt, und die mit einem Wohnungswechsel des Kindes verbundene Bestimmung auch in die Lebensgestaltung des anderen Elternteils gravierend eingreifen würde.
Rz. 578
Insoweit ist eine umfassende Abwägung aller Interessen der Beteiligten im Einzelfall notwendig. Ändern sich die tatsächlichen Verhältnisse dadurch, dass das unterhaltsberechtigte, nunmehr volljährige Kind in den Haushalt des anderen Elternteils wechselt, endet eine frühere wirksame Unterhaltsbestimmung.
Rz. 579
Eine Unterhaltsbestimmung ist unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten auch dann unwirksam, wenn zwischen den Eltern bzw. einem Elternteil und dem Kind eine tief greifende persönliche Entfremdung eingetreten ist, wobei es nicht darauf ankommt, wer diese Zerrüttung verursacht hat, sofern sie nicht allein auf einem rücksichtslosen und/oder provozierenden Verhalten des Kindes beruht. Für eine solche Ausnahme reichen allerdings einmalige oder gelegentliche Erziehungsfehler nicht aus, erst recht, wenn gravierende Umstände zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kind und unterhaltsverpflichtetem Elternteil geführt haben und die eige...