Rz. 177

Grundsätzlich haben beide Eltern einen Anspruch auf Zahlung von Kindergeld. Nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG wird das Kindergeld jedoch nur an einen Berechtigten ausgezahlt.

Leben Eltern zusammen, wird es an denjenigen ausgezahlt, der das Kind "in seinem Haushalt" aufgenommen hat.[191]

Leben Eltern getrennt oder sind sie geschieden, wird das Kindergeld an denjenigen ausgezahlt, der das Kind überwiegend versorgt und betreut, also an denjenigen, in dessen Haushalt das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, sog. Obhutsprinzip.[192]

Das Kindergeld hat sich der Höhe nach in den vergangenen Jahren erheblich verändert.

 

Rz. 178

 

Kindergeldtabelle[193]

Zeitraum 1. Kind 2. Kind 3. Kind ab 4. Kind
1975–1977 50 70 120 120
1978 50 80 150 150
1/1979–6/1979 50 80 200 200
7/1979–1/1981 50 100 200 200
2/1981–12/1981 50 120 240 240
1982 50 100 220 240
1/1983–6/19902 a) 50 100 220 240
  b) 50 70 140 140[194]
7/1990–12/1991 a) 50 130 220 240
  b) 50 70 140 140
1992–1995 a) 70 130 220 240
  b) 70 70 140 140
1996 200 200 300 350
1997–1998 220 220 300 350
1999 250 250 300 350
(DM)2000–2001 270 270 300 350
(EUR)2002–2008 154 154 154 179
ab 1/2009 164 164 170 195
ab 1/2010 184 184 190 215
ab 1/2015 188 188 194 219
ab 1/2016 190 190 196 221

ab 1/2018

ab 1/2019

ab 1/2021

ab 1/2022 – gleichbleibend

194

204

219

194

204

219

200

210

225

225

235

250

Zu den Unterscheidungen zu a) und b) in den Jahren 1981 bis 1996:

Das Kindergeld war einkommensabhängig, vgl. § 10 Abs. 2 BKGG i. d. bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1994, BGBl I S. 168. Ab 1986 wurde zu dem Kindergeld gemäß § 11a BKGG ein Kindergeldzuschlag zugunsten der Berechtigten gewährt, die den einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibetrag in Höhe von 4.104 DM jährlich (§ 32a Abs. 6 EStG a.F.) mangels hinreichenden steuerpflichtigen Einkommens nicht oder nicht voll in Anspruch nehmen konnten. Die Höhe des Zuschlags war von den individuellen Verhältnissen (d.h. den im Einzelfall maßgebenden Besteuerungsmerkmalen) abhängig, er betrug zuletzt höchstens 65 DM mtl.!

[192] Vgl. im Einzelnen Wendl/Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 705.
[193] Beträge bis 2001 in DM, ab 2002 in EUR.
[194] Durch § 44e Abs. 2 BKGG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 1992 v. 25.2.1992 (BGBl I S. 297) erfolgte eine Nachbesserung des Kindergeldes für die Jahre 1983 bis 1985 durch Erhöhung der Sockelbeträge nach§ 10 Abs. 2 BKGG a.F. für das 3. Kind (auf 200 DM), 4. Kind (auf 180 DM) und das 5. Kind (auf 155 DM) für die Fälle, in denen für das betreffende Jahr – über die Minderung des Kindergeldes nach nicht bindend entschieden worden war und – keine Nachbesserung bei der Besteuerung erfolgte.

a) Die Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldes

 

Rz. 179

Nach § 1612b Abs. 1 BGB dient das Kindergeld der Deckung des Barbedarfs des Kindes. Erfüllt ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes, § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB, wird das Kindergeld hälftig auf den Betreuungsbedarf und hälftig auf den Barbetrag angerechnet.

 

Rz. 180

 

Rechenbeispiel

Berechnung nach Stand Düsseldorfer Tabelle vom 1.1.2022.

Einkommen Kindesvater M 3.000 EUR

Einkommen Kindesmutter F 2.500 EUR

Kind K, 14 Jahre alt, lebt im Haushalt der Kindemutter

Bedarf des Kindes: 640 EUR nach Eink.gr. 5 der Düsseldorfer Tabelle[195]

Zahlungspflicht M: 640 EUR – 109,50 EUR ½ Kindergeld = 530,50 EUR

Eine Einigung hierüber ist möglich und sinnvoll. Sie sollte in urkundlicher Form erfolgen, um die jederzeitige Vollstreckungsmöglichkeit zu gewährleisten.

[195] Höherstufung wegen Unterhaltspflicht lediglich gegenüber einer Person auf Einkommensgruppe 5.

b) Die Berücksichtigung des vollen Kindergeldes

 

Rz. 181

Bei volljährigen Kindern, also sowohl bei privilegiert volljährigen Kindern im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB als auch bei anderen volljährigen Kindern wird das Kindergeld, sofern es gezahlt wird, in voller Höhe vom Bedarf abgezogen, § 1612b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB.[196]

Dies betrifft im Übrigen auch solche minderjährigen Kinder, die entweder verheiratet sind oder die zwar unverheiratet sind, aber nicht von einem Elternteil, sondern von Dritten, etwa Großeltern, betreut werden.

 

Rz. 182

 

Rechenbeispiel

Berechnung nach Stand Düsseldorfer Tabelle vom 1.1.2022.

Einkommen Kindesvater M 3.000 EUR

Einkommen Kindesmutter F 2.500 EUR

Kind K, 18 Jahre alt, Schüler, lebt im Haushalt der Kindemutter

Bedarf des Kindes K nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern 5.500 EUR (3.000 EUR + 2.500 EUR).

Einsetzbares Einkommen:

 
M: 3.000 EUR – 1.400 EUR (angemessener Selbstbehalt) = 1.600 EUR
F: 2.500 EUR – 1.400 EUR = 1.100 EUR
Gesamtes einsetzbares Einkommen:  
1.600 EUR + 1.100 EUR = 2.700 EUR
Unterhalt K:  
Bedarf 956 EUR – 219 EUR volles Kindergeld = 737 EUR
Anteil M: 737 EUR X 1.600 EUR : 2.700 EUR = 437 EUR
Anteil F: 737 EUR X 1.100 EUR : 2.700 EUR = 300 EUR

F erbringt in der Regel ihren Anteil durch Gewährung von Wohnung etc.; M hat den Barbetrag von 437 EUR zu leisten.

Hierüber ist natürlich eine Einigung möglich, wegen der Möglichkeit jederzeitiger Vollstreckung sinnvollerweise in Form einer Urkunde.

[196] Zu Unterhaltsrückständen bei Eintritt der ...

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