Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 234
Wie § 1592 BGB zeigt, kennt das Gesetz drei Fälle der Festlegung der Vaterschaft.
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Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist zunächst Vater des Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist. |
Dies schließt grundsätzlich andere Männer aus. Weder durch Anerkennung (§ 1594 Abs. 2 BGB) noch durch Klage auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft (§ 1600d Abs. 1 BGB) kann die Vaterschaft des mit der Mutter verheirateten Mannes ausgehebelt werden. Wird ein Kind in einer bestehenden Ehe geboren, muss erst die rechtliche Vaterschaft des Ehemannes beseitigt werden, regelmäßig durch Anfechtung, ausnahmsweise durch die Sonderregelung des § 1599 Abs. 2 BGB (im Folgenden), bevor ein anderer Mann rechtlich als Vater festgestellt werden kann.
§ 1593 BGB dehnt den "Zeitraum der Ehe" (bei Tod des Ehemannes) etwas aus und befasst sich mit dem Sonderfall, dass aufgrund eines neuen Eheschlusses der Frau das Kind theoretisch aus "zwei Ehen" stammen könnte. Ansonsten wird mit der Regelung des § 1592 Nr. 1 BGB für alle die Fälle, in denen die Frau verheiratet ist, zunächst der Ehemann der Frau als rechtlicher Vater des Kindes formal bestimmt.
Rz. 235
Ungeregelt ist die Frage der Vaterschaft bzw. zweiten Mutterschaft bei gleichgeschlechtlichen Ehen.
Das KG hat deshalb deutlich erklärt:
Zitat
"Nach Überzeugung des Senats ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, dass das Gesetz es unterlässt, einem durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB gezeugten und in der gleichgeschlechtlichen Ehe der Mutter geborenen Kind die Ehefrau als Mutter kraft Gesetzes als Elternteil zuzuordnen, während das Gesetz in § 1592 Nr. 1 BGB einem auf gleiche Weise gezeugten Kind, das in der verschiedengeschlechtlichen Ehe der Mutter geboren wird, den Ehemann der Mutter kraft Gesetzes als Elternteil zuordnet. Zur Verfassungsmäßigkeit ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen."
Rz. 236
Als zweite Möglichkeit sieht § 1592 Nr. 2 BGB für die Festlegung der Vaterschaft vor, dass die Vaterschaft anerkannt wird. Dies ist dann von Bedeutung, wenn die Mutter nicht verheiratet ist, bzw. wenn die Vaterschaft des Ehemannes (der zunächst nach § 1592 Nr. 1 BGB als Vater gilt) durch die Anfechtung rechtlich beseitigt wurde.
Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB): Gegen den Willen der Mutter kann ihr für ihr Kind über den Weg der Anerkennung die Vaterschaft nicht aufgenötigt werden.
Die Anerkennung bedarf der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter die elterliche Sorge nicht zusteht, etwa wegen Entzug nach § 1666 BGB. Das ist beim volljährigen Kind stets der Fall, weil dann die elterliche Sorge ganz wegfällt, § 1626 BGB.
§§ 1594 bis 1597 BGB beinhalten weitere Vorschriften für die Anerkennung der Vaterschaft. Grundsätzlich sind die Anerkennung und die Zustimmung höchstpersönliche Erklärungen, die durch die jeweiligen Personen selbst vorzunehmen sind.
Das gilt auch dann, wenn z.B. Vater oder Mutter noch minderjährig sind (in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt sind), dann allerdings ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, § 1596 Abs. 1 BGB. Nur wenn sie geschäftsunfähig sind, § 104 BGB, werden sie durch den gesetzlichen Vertreter vertreten.
Das Kind muss nach § 1595 Abs. 2 BGB zustimmen, wenn der Kindesmutter nicht die elterliche Sorge zusteht. Ist das Kind in diesen Fällen älter als 14 Jahre, kann es nur selbst zustimmen und bedarf anschließend der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Bei jüngerem Alter oder für den Fall der Geschäftsunfähigkeit stimmt der gesetzliche Vertreter zu, § 1596 Abs. 2 BGB.
Außerdem sind die Formerfordernisse des § 1597 BGB einzuhalten, wonach die öffentliche Beurkundung erforderlich ist. Dies kann z.B. durch Notare, Rechtspfleger vorgenommen werden, da bei außerhalb von bestehenden Ehen geborenen Kindern häufig die Jugendämter unterstützend tätig sind, können auch sie beurkunden, § 59 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB VIII.
Eine gewisse Entschärfung der Problematik der Trennungskinder bringt § 1599 Abs. 2 BGB. Wenn die Ehefrau von einem anderen Mann als dem Ehemann ein Kind bekommt, so gilt nach § 1592 Nr. 1 BGB ja zunächst der Ehemann als Vater.
Um hier auch bei unstrittigen und offensichtlichen Fällen von Trennungskindern zur korrekten rechtlichen Zuordnung zum biologischen Vater zu kommen, wäre es notwendig, zunächst die Ehelichkeit anzufechten, um dann die Anerkennung vornehmen zu können. Hierauf stellt § 1599 Abs. 2 BGB ab: wird ein Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren, wird es spätestens bis zu einem Jahr nach Rechtskraft des Scheidungsurteils vom biologischen Vater anerkannt und stimmt der frühere Ehemann diesem Anerkenntnis zu, so kann auf diesem vereinfachten Weg der biologische Vater rechtlicher Vater werden.
Hinweis
Darauf muss der beratende Rechtsanwalt hinweisen. Unterbleibt die Aufklärung, könnte er im Wege des Schadenersatzes für die zusätzlich entstehenden Kosten für die evtl. später notwend...