Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 348
Die Kontrollmöglichkeiten eines Arbeitgebers gliedern sich in eine Kontrolle der Telefondaten einerseits sowie in eine (Gesprächs-)Inhaltskontrolle.
Inhaltskontrolle bedeutet, dass der Arbeitgeber Kenntnis vom konkreten Gesprächsinhalt der Arbeitnehmer erlangt. Diese Kontrolle kann zum einen durch Mithören in Echtzeit erfolgen. Zum anderen ist an das Aufzeichnen und Speichern von Gesprächsinhalten zu denken. Inhaltliche Kontrollen begründen immer einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG – insbesondere in Gestalt des Rechts am eigenen Wort. Durch das Recht am eigenen Wort darf der Arbeitnehmer grundsätzlich selbst bestimmen, wem ein Kommunikationsinhalt bekannt werden soll. Auf dieses Recht kann sich der Arbeitnehmer sowohl bei Dienst- als auch bei Privatgesprächen berufen. Daneben ergeben sich nicht selten Eingriffe in das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK. Der Begriff des Privatlebens ist nämlich weit auszulegen. Er schützt das "soziale Privatleben", also die Möglichkeit, Beziehungen zu anderen und der Außenwelt zu entwickeln, was berufliche Tätigkeiten nicht ausschließt.
Einen rechtlichen Rahmen erhalten die erlaubten Privatgespräche vor allem durch die datenschutzrechtlichen Vorschriften der DS-GVO sowie des BDSG. Aus materiellrechtlicher Sicht hat sich dabei mit Einführung der DS-GVO im Mai 2018 nichts geändert. Eine Datenverarbeitung ist weiterhin erst zulässig, wenn sie sich entweder auf eine Einwilligung des Betroffenen oder auf einen normativen Erlaubnistatbestand stützt (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Die Verordnung enthält jedoch keine separaten Regelungen zum Mitarbeiterdatenschutz. Stattdessen sieht Art. 88 DS-GVO eine sog. "Öffnungsklausel" vor. Hiernach dürfen die Mitgliedsstaaten den Bereich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten eigenständig regeln und zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten spezifische Vorschriften erlassen.
Der bundesdeutsche Arbeitgeber hat hiervon ausgehend das BDSG überarbeitet und § 26 BDSG als maßgebliche Norm für den Beschäftigungsdatenschutz eingeführt. Inhaltlich gleicht dieser weitgehend § 32 BDSG aF. Dies hat zur Folge, dass auch unter neuer Rechtslage datenschutzrechtlich weitgehend die gleichen Maßstäbe für Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen durch Arbeitgeber gelten.
Umstritten ist darüber hinaus, ob Arbeitgeber zusätzlich die Vorschriften des TKG, speziell des § 88 TKG (Fernmeldegeheimnis), einhalten müssen. Die Gestattung der Privatnutzung hat nämlich nach breiter Literaturmeinung zur Folge, dass der Arbeitgeber als Telekommunikationsdienstanbieter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG einzuordnen ist. Eine beachtliche Mindermeinung im Schrifttum spricht sich – unseres Erachtens zumindest i.E. – zu Recht gegen eine Qualifizierung des Arbeitgebers als Provider und damit gegen eine Anwendbarkeit des TKG aus. Auch einige Gerichte gehen von einer mangelnden Anwendbarkeit des TKG im Arbeitsverhältnis aus.
Der Streit um die Anwendbarkeit des TKG auf Arbeitgeber hat mit Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) erneut Fahrt aufgenommen. Es wird vertreten, dass die DSGVO die Vorschriften des TKG verdrängt. Das TKG setzt nämlich ursprünglich die ePrivacy Richtlinie um und trifft dabei über die Richtlinie hinausgehende (sog. "überschießende") Regelungen. Diese überschießenden Regelungen würden von der DS-GVO verdrängt. Andere Vertreter in der Literatur halten dagegen daran fest, dass das TKG "lex specialis" zur DS-GVO sein soll und gehen weiterhin von seiner Geltung aus. Arbeitgeber sollten deshalb – auch mit Blick auf die Gesetzesbegründung des TKG – vorsorglich dessen Vorschriften berücksichtigen.
Rz. 349
Das Mithören (gestatteter) Privatgespräche und erst recht deren Aufzeichnung (vgl. § 201 StGB) verstößt grundsätzlich gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Mitarbeiters sowie zumindest auch gegen das Fernmeldegeheimnis und ist damit unzulässig. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber einen Dritten das Gespräch mithören lässt. Dies ist auch dann nicht anders zu bewerten, wenn sich der Arbeitgeber Beweismittel für ein zivilrechtliches Verfahren sichern will. Lediglich in Ausnahmefällen, wenn die Interessen des Arbeitgebers eindeutig überwiegen (so etwa im Fall der Beweisführungsnot oder einer Notstands- oder Notwehrlage bei Abwehr von Straftaten oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen) eine Kontrolle in Betracht kommen. Das Mithören und die Aufzeichnung eines privaten Gespräches sind daher nahezu ausgeschlossen.
Rz. 350
Auch bei der inhaltlichen Kontrolle von Dienstgesprächen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu berücksichtigen. Allerdings kann bei Dienstgesprächen durchaus ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der inhaltlichen Überwachung vorliegen. Dies gilt beispielsweise bei Tätigkeiten, die überwiegend die Nutzung des Telefons erfordern (bspw. Call Center)...