Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
a) Anhörung des Betriebsrats zu einer geplanten Einstellung und Eingruppierung
aa) Rechtliche Grundlagen
Rz. 667
Der Betriebsrat ist in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern vor jeder Einstellung anzuhören. Bei einem Gemeinschaftsbetrieb werden die Arbeitnehmer der beteiligten Unternehmen zusammengerechnet. Unter Einstellung wird nicht der Abschluss des Arbeitsvertrags, sondern die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb verstanden. Das betrifft zunächst die Eingliederung der Arbeitnehmer, mit denen der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, gleich ob als Vollzeit, Teilzeit, Aushilfs- oder Abrufkraft. Auch die Beschäftigung von ABM-Kräften, Ein-Euro-Jobbern und Zivildienstleistenden, sofern diese nicht hoheitlich zugewiesen sind, fällt unter § 99 BetrVG. Bei der Einstellung leitender Angestellter muss der Betriebsrat nur informiert werden, § 105 BetrVG.
Rz. 668
Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt, muss zweimal angehört werden: vor der befristeten und dann vor der unbefristeten Einstellung. Davon ausgenommen sind nur Probezeitbefristungen, sofern dem Betriebsrat mitgeteilt worden ist, dass der Arbeitnehmer bei Bewährung übernommen werden soll. Die bloße Vorschaltung einer Probezeit spielt von vorneherein keine Rolle; hier ist der Betriebsrat bei der Einstellung zu beteiligen, aber nicht ein zweites Mal vor Ablauf der Probezeit. Wird die Arbeitszeit für mehr als einen Monat um mindestens 10 Stunden erhöht, so wird dies als eine neue mitbestimmungspflichtige Einstellung gewertet. Die Verringerung der Arbeitszeit stellt allerdings keine Neueinstellung dar. Eine Einstellung ist auch die Eingliederung von Leiharbeitnehmern, vgl. § 14 Abs. 3 AÜG (siehe auch Rdn 712). Auch die Übernahme eines Auszubildenden ist nach h.M. eine Einstellung i.S. § 99 BetrVG.
Rz. 669
Keine Einstellung stellt die Tätigkeit eines freien Mitarbeiters oder fremder Arbeitnehmer auf Basis eines Werk- oder Dienstvertrags mit dessen Arbeitgeber dar. Bei dem Einsatz eines Unternehmens im Betrieb des Arbeitgebers auf Basis eines Werk- oder Dienstvertrags ist das allerdings umstritten. Gesichert scheint nur, dass dann, wenn der Arbeitgeber trotz des Werk- oder Dienstvertrags (zumindest teilweise) die Personalhoheit über die fremden Mitarbeiter hat, § 99 BetrVG einschlägig ist. Dazu gehören etwa die Weisungen zum täglichen Arbeitsbeginn, zur Ausführungen bestimmter Aufgabe oder der Reihenfolge von Arbeitsschritten. In einem solchen Fall wird es sich aber häufig um einen Scheinwerk- oder Scheindienstvertrag handeln. Ist das nicht der Fall, so sind die fremden Arbeitnehmer nicht eingegliedert, mag es auch zu einer organisatorischen Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des Betriebs kommen. Auch reine werks- oder dienstbezogene Weisungen schaden nicht, wie sich schon aus § 645 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt. Bei einem echten Werk- oder Dienstvertrag ohne Personalbefugnisse des Auftraggebers hat der Betriebsrat in der Regel also kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG.
Rz. 670
Gehen Arbeitsverhältnisse aufgrund eines Betriebs- oder Teilbetriebsübergangs über, so ist dies keine Einstellung bei dem aufnehmenden Unternehmen. Schließlich ist die Rückkehr eines Mitarbeiters aus einer Freistellung oder nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess keine Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG.
Rz. 671
Die Anhörung zur Einstellung erfolgt durch den Arbeitgeber. Bei einem Gemeinschaftsbetrieb sind das alle beteiligten Unternehmen (s.u. § 3 Rdn 336). Anzuhören ist der Betriebsrat des Betriebs, in der die Einstellung erfolgen soll. Das können auch mehrere Betriebsräte sein, etwa bei Einstellung einer Führungskraft in betriebs- oder unternehmensübergreifenden Führungsstrukturen (Stichwort: Matrixstruktur). In diesen Fällen ist nicht der Gesamtbetriebsrat zuständig, sondern die einzelnen Betriebsräte. § 99 BetrVG schreibt für die Anhörung des Betriebsrats keine Form vor. Aus Dokumentationsgründen ist es aber unerlässlich, den Betriebsrat schriftlich anzuhören. Mangels Formvorschriften kann das auch durch E-Mail passieren. Der Betriebsrat kann ein Unterrichtungsschreiben, dem keine Vollmacht beigefügt ist, nicht nach § 174 BGB zurückweisen. § 99 BetrVG sieht auch keine Frist vor, die Anhörung muss lediglich vor der Einstellung, also vor tatsächlicher Eingliederung erfolgen. Wegen der Zustimmungsfrist des Betriebsrats von sieben Tagen sollte die Anhörung spätestens sieben Tage vor Einstellung erfolgen. Für eine vorzeitige Einstellung kommt sonst nur eine Maßnahme nach § 100 BetrVG in Betracht.
Rz. 672
Wenn Einstellung die Eingliederung in das Arbeitsverhältnis ist, kann es eigentlich auf den Arbeitsvertrag nicht ankommen. Dennoch vertritt die h.M., dass die Anhörung vor Abschluss des Arbeitsvertrags erfolgen muss, wenn er – wie regelmäßig – vor Aufnahme der Beschäftigung erfolgt. Das ist nicht leicht nachzuvollziehen. Denn das bedeutet, dass dann, wenn der Betriebsrat die Zusti...